Heikle Lage in Syrien: Wie reagiert Donald Trump?

  04 Dezember 2024    Gelesen: 93
  Heikle Lage in Syrien: Wie reagiert Donald Trump?

Die Lage in Syrien spitzt sich zu. Eine Gruppe von Dschihadisten rückt rasant vor und hat bereits die zweitgrößte Stadt übernommen. Machthaber Baschar al-Assad steht unter Druck, seine Verbündeten sind geschwächt. Für die USA könnte das Thema Syrien wieder wichtig werden.

Die Militäroffensive sunnitischer Aufständischer in Syrien kommt zu einem Zeitpunkt, da sich Washington auf den Machtwechsel vorbereitet und mit der Eindämmung zahlreicher internationaler Brandherde beschäftigt ist. In wenigen Wochen tritt Donald Trump seine zweite Amtszeit als US-Präsident an. Das Geschehen in Syrien könnte für sein Regierungsteam der Ansatz für die Schaffung einer neuen Ordnung im Nahen Osten sein - mit einem geschwächten Iran.

Seit vergangener Woche rücken die Aufständischen des "Komitees zur Befreiung der Levante" (Hajat Tahrir al-Scham, HTS) im Norden Syriens vor und haben bereits Aleppo, die zweitgrößte Stadt des Landes, übernommen. Ihr militärischer Erfolg mag damit zusammenhängen, dass die wichtigsten Verbündeten des syrischen Machthabers Baschar al-Assad geschwächt sind: Der Iran und die mit ihm verbündete schiitische Hisbollah-Miliz im Libanon sind durch die militärischen Auseinandersetzungen mit Israel in Bedrängnis, die Kräfte Russlands sind stark durch den Ukraine-Krieg gebunden.

Biden ließ Syrien unbeachtet

In einer Region, die seit dem Beginn des Gaza-Krieges am 7. Oktober 2023 im Umbruch ist, hat sich die Position der USA in Bezug auf Syrien in den zurückliegenden Jahren nicht groß verändert. Zunächst hatte Washington vergeblich versucht, den 2011 entflammten Bürgerkrieg in dem strategisch wichtigen Land zu beenden. Nachdem Russland 2015 in den Konflikt eingegriffen hatte, wendete sich das Blatt zugunsten Assads, der sich an der Macht halten konnte.

Auch wenn der syrische Machthaber aufgrund seiner Brutalität im Westen ein Paria ist, unternehmen die USA nichts, um seinen Sturz voranzutreiben, und unterstützen auch nicht die Aufständischen im Land. "Die Biden-Regierung hat Syrien nicht nur auf die lange Bank geschoben. Sie hat sich gar nicht mehr damit befasst", sagt der Syrien-Experte Andrew Tabler, der während der ersten Amtszeit Trumps als Regierungsberater tätig war. "Wenn man sich mit den Dingen nicht beschäftigt, heißt das nicht, dass sie nicht überkochen können."

Nach seiner Einschätzung könnte Assad durch die jüngsten militärischen Rückschläge am Ende gezwungen sein, einer Verhandlungslösung zuzustimmen, der er sich jahrelang widersetzt hat. "Ich denke, dass eine neue Regierung, die Syrien und ähnlichen Konflikten mehr Aufmerksamkeit schenkt, besser in der Lage sein wird, diese zu gestalten", sagt Tabler.

Obama konzentrierte sich auf Kampf gegen IS

Präsident Barack Obama vermied es in seiner Amtszeit, Assad anzugreifen und den Aufständischen unter die Arme zu greifen. Stattdessen ging er ein Bündnis mit den kurdischen Kämpfern ein, um mit deren Hilfe den sich in der Region ausbreitenden Islamischen Staat (IS) zu besiegen. Derzeit sind noch rund 900 US-Soldaten in Syrien stationiert. Trump wollte sie in seiner ersten Amtszeit auf Drängen der Türkei abziehen lassen, hätte dann aber die verbündeten syrischen Kurden im Stich gelassen. Nach internationalen Appellen machte Trump einen Rückzieher.

Der Syrien-Experte von der Universität Oklahoma, Joshua Landis, sagt, das vorrangige US-Interesse habe bisher darin bestanden, "Israel zu unterstützen und den Iran und Russland zu schaden". Der Vorstoß der Aufständischen habe nun das Potenzial, "die Sicherheitsarchitektur im Nahen Osten auf dramatische Weise zu verändern", sagt Landis. Ein Sieg der HTS-Kämpfer würde nach seiner Einschätzung den sogenannten schiitischen Halbmond durchbrechen, in dem der Iran seinen Einfluss nach Westen bis in den Libanon ausgedehnt hat. "Dies wäre ein großer Segen für Israel und ein Karate-Schlag gegen den Iran."

Allerdings würden sich die HTS-Kämpfer wohl auch gegen die USA stellen. "Es ist ein Dilemma für die USA und Israel. Wollen sie eine islamistische Regierung in Syrien oder ziehen sie es vor, dass das Land geteilt und schwach bleibt?", sagt Landis. Eine halbe Million Menschen wurden im syrischen Bürgerkrieg getötet und Millionen in die Flucht getrieben. Viele von ihnen suchten Schutz in Europa, was dort 2015 zur Flüchtlingskrise führte. Durch die neuen Kämpfe sind nach UN-Angaben bereits jetzt fast 50.000 Menschen vertrieben worden. Der nahende Winter werde die Not der Zivilbevölkerung verschärfen, sagt Mona Yacoubian vom US Institute of Peace in Washington. "Das wirft eine große Frage auf: Wohin gehen die Leute, die auf der Flucht sind?"

Quelle: ntv.de, Shaun Tandon, AFP


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