Streit um Sportplätze: Jeder Fehlschuss kann teuer werden

  28 April 2016    Gelesen: 647
Streit um Sportplätze: Jeder Fehlschuss kann teuer werden
Ob Fußballplatz, Basketballkäfig oder Tennisanlage: Kaum eine Sportstätte in Deutschland, die nicht für juristische Streitigkeiten sorgt. Ein besonders skurriler Fall könnte in Sachsen-Anhalt für einen Amateurklub teuer werden.
Im Profifußball wird der Videobeweis immer wieder gefordert, bei den Amateuren gibt es ihn längst - zumindest beim Sportverein TuS Dessau-Kochstedt. Dort, in einem Stadtteil von Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt, sind Kameras im Einsatz. Allerdings nicht, um strittige Situationen auf dem Fußballplatz aufzuzeichnen. Der Nachbar des Vereins hat vielmehr die Kameras installiert, um zu sehen, wenn sein Grundstück von Kickern auf Ballsuche betreten wird.

Sportverein und Nachbar streiten sich seit fast zehn Jahren, es geht um Fußbälle, die auf dem Gelände des Anwohners landen, und um die Schäden, die die Sportler beim Wiederholen angeblich hinterlassen. Der Anwohner fühlt sich dadurch so sehr gestört, dass er in den vergangenen Jahren jeden Fehlschuss genau protokollierte. Demnach waren 2011 noch überschaubare 59 Bälle im Garten des Nachbarn gelandet, 2014 waren es 135, 2015 dann 154 - trotz eines vier Meter hohen und 285 Meter langen Ballzauns. Der Nachbar klagte, der Fall landete vor dem Oberlandesgericht Naumburg.
Wenn man in den Archiven nach vergleichbaren Fällen sucht, kommen einem Zweifel, ob sich deutsche Gerichte noch mit anderen Fällen als Streitigkeiten über Sportplätze beschäftigen. Kaum ein Bolzplatz, Basketballkäfig oder Tennisanlage, gegen die nicht geklagt worden wäre. Zu laut, zu hell, zu nervig - und das geht nicht nur Amateuren so.

Auch Profivereine wie Arminia Bielefeld oder der SC Paderborn bekamen wegen ihrer Stadien schon Ärger mit Anwohnern und der Justiz. Die 2008 fertiggestellte Arena des SC Paderborn liegt zwischen zwei Bundesstraßen und am Rande eines Industriegebiets, auf der anderen Straßenseite allerdings gibt es einige Wohnhäuser. Und diese Anwohner fühlten sich vom Spieltagslärm gestört. Sie gewannen vor Gericht, Spiele des SCP müssen nun bis 22 Uhr beendet sein.

Im vergangenen Jahr, als der Klub in der Bundesliga spielte, waren deshalb keine Freitagabendspiele in Paderborn möglich. In dieser Saison musste der Absteiger beim Topspieltermin am Montagabend passen. Aus heutiger Sicht sind das Luxussorgen, Paderborn droht der Absturz in Liga drei. Immerhin: Mit dem spätesten Anstoßtermin (Freitags, 19 Uhr) gäbe es keine Probleme.

In Klötze weiden nun Pferde auf dem Fußballplatz

Beim Drittligaaufsteiger Würzburger Kickers zogen die Anwohner im Stadtteil Dallenberg erst gegen das sie störende Flutlicht und dann gegen den Stadionumbau vor Gericht. Als die Stadt Zürich zur EM 2008 das Hardturm-Stadion des Grasshopper-Clubs neu bauen lassen wollte, war nicht das Licht das Problem - sondern der Schatten. Genauer: der Schattenwurf auf ein benachbartes Haus. Letztlich wurde die EM im Letzigrundstadion gespielt. Der Neubau des Hardturms scheiterte vor drei Jahren an einem Bürgerentscheid, sodass am Fifa-Sitz bis heute kein großes reines Fußballstadion existiert.

Aber meist sind es eben doch die kleinen Plätze, die für großen Ärger sorgen. So wie in Klötze, ebenfalls in Sachsen-Anhalt. Dort ging es um Grundlegenderes als Lärm: Landwirt Herwig Bierstedt umzäunte auf seinem Grund und Boden einen 38 Meter breiten Streifen mit Maschendraht, um dort seine Pferde weiden zu lassen. Dumm nur, dass Bierstedt nicht der Einzige ist, der die Fläche nutzt. Und so zog sich der Zaun einmal quer über den Fußballplatz des Sportvereins TSV Kusey. Die Stadt klagte gegen den Landwirt und verlor.

Im rund 150 Kilometer entfernten Dessau-Roßlau bekam der Anwohner recht. Das Oberlandesgericht Naumburg entschied: Jährlich darf der Verein einen Ball pro Woche, also insgesamt 52 im Jahr, über den Zaun schießen. Werden es mehr, drohen (im Höchstmaß) 250.000 Euro Strafe oder sechs Monate Ordnungshaft.

"250.000 Euro haben wir nicht. Ins Gefängnis wollen wir nicht", heißt es auf der Vereinsseite. Der Klub bittet um Spenden, vielleicht ist aber der erste Schritt zu einer besseren Schussquote schon getan: Vor knapp einer Woche stellte TuS Kochstedt einen neuen Trainer ein.

Quelle : spiegel,de

Tags:


Newsticker