Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti hat sich nach vorläufigen Auszählungen der Parlamentswahl zum Sieger erklärt. "Wir haben gewonnen, und wir werden die nächste Regierung bilden", sagte er kurz nach Mitternacht vor Anhängern in Pristina. Nach Angaben der Wahlbeobachtergruppe Demokratie in Aktion, die sich auf die Ergebnisse von 98 Prozent der Wahllokale stützte, kam Kurtis Regierungspartei Vetevendosje (Selbstbestimmung) auf 40,4 Prozent der Stimmen - und verlor damit ihre absolute Mehrheit.
Rund zwei Millionen Bürger waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Das Kosovo ist ein potenzieller EU-Beitrittskandidat. Erstmals seit 2010 hat eine Volksvertretung in dem Land ihr vierjähriges Mandat ausgeschöpft. Bei der Wahl vor vier Jahren hatte Kurtis links-nationale Formation noch 50,3 Prozent der Stimmen auf sich vereint. Den Angaben von Demokratie in Aktion zufolge kam die liberale Demokratische Partei (PDK) diesmal auf 21,7 Prozent, die bürgerliche Demokratische Liga des Kosovos (LDK) auf 17,5 Prozent und die konservative Allianz für die Zukunft (AAK) auf 7,2 Prozent der Stimmen.
Probleme bei der Stimmenauszählung
Andere Parteien und Bündnisse scheiterten demnach an der Fünf-Prozent-Hürde, die über den Einzug in die Volksvertretung entscheidet. Unabhängig davon sind 20 der 120 Sitze ethnischen Minderheiten vorbehalten: 10 den Serben und weitere 10 den anderen Gruppierungen, darunter Bosniaken, Türken und Roma. Die staatliche Wahlkommission hatte am Wahltag ernsthafte Probleme bei der elektronischen Datenverarbeitung und angekündigt, die Stimmen per Hand auszuzählen. Das vorläufige Endergebnis wurde erst am Morgen bekannt gegeben.
Im alten Parlament hatte Kurtis Partei zusammen mit Abgeordneten der ethnischen Minderheiten eine bequeme Mehrheit. Der 49-Jährige hatte bei Amtsantritt umfassende Reformen der Justiz und Verwaltung versprochen, konnte aber vieles davon nicht einlösen. Wenn er nun weiterregieren will, wird er sich voraussichtlich mit der PDK oder der LDK zusammentun müssen. Theoretisch wäre aber auch ein Regierungsbündnis ohne Beteiligung der Kurti-Partei denkbar.
Spannungen mit serbischer Minderheit zugenommen
Die serbische Regierung erkennt bis heute die Unabhängigkeit des Kosovo von 2008 nicht an. In Kurtis letzter Amtszeit hatten sich die Spannungen mit der serbischen Minderheit, die vor allem im Norden des Landes lebt, verschärft. Kurtis erklärtes Ziel ist die Zerschlagung staatlicher "Parallelstrukturen", die von der serbischen Regierung unterstützt werden. Im Rahmen seiner Politik wurden unter anderem der serbische Dinar als Zahlungsmittel faktisch verboten und von ethnischen Serben genutzte Banken und Postämter geschlossen.
Nachdem seine im Mai 2023 beschlossen hatte, ethnisch-albanische Bürgermeister in vier Gemeinden mit serbischer Mehrheit einzusetzen, kam es zu Ausschreitungen. Dabei wurden unter anderem mehr als 30 Soldaten der NATO-Friedenstruppe KFOR verletzt. Im September 2023 überfiel dann ein paramilitärisches serbisches Kommando eine kosovarische Polizei-Patrouille, dabei wurde ein Polizist getötet.
Quelle: ntv.de, gri/dpa/AFP
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