Ihr 19 Monate alter Sohn Ezekiel war im März 2012 infolge einer Hirnhautentzündung gestorben. David und Collet Stephan hatten bis zuletzt keinen Arzt aufgesucht. Stattdessen behandelten sie das Kind zweieinhalb Woche lang mit alternativmedizinischen Mitteln. Einen Rettungswagen riefen sie erst, als die Atmung des Kindes aussetzte.
Nach Aussage der Rechtsmedizin starb Ezekiel an einer von Bakterien ausgelösten Meningitis, also einer Hirnhautentzündung. Die lässt sich mit Antibiotika behandeln. Gegen einen häufigen Meningitis-Auslöser bei Kindern, Haemophilus influenzae b, gibt es eine Schutzimpfung. Der Junge war allerdings nicht geimpft.
Eine andere Expertin sagte aus, das Kind sei an einer viralen Meningitis gestorben. Und dass Ezekiel noch leben könnte, wenn der damals eingesetzte Notarztwagen über die Ausstattung verfügt hätte, ein Kleinkind mit aussetzender Atmung zu versorgen. Allerdings befindet sie sich selbst in einem Rechtsstreit mit dem Staat.
Smoothies statt Notarzt
Diese Woche hat das Gericht das Paar schuldig gesprochen, die Verkündung des Strafmaßes steht noch aus. Möglich ist eine Strafe von bis zu fünf Jahren Haft. Die Staatsanwältin Lisa Weich betonte, dass die Anklage nicht auf dem Tod des Kindes beruhe. Es gehe vielmehr darum, dass Menschen, die nicht für sich selbst sorgen können, zumindest ein Mindestmaß an Behandlung erhalten.
Laut Medienberichten sagten die David und Collet Stephan aus, sie dachten, ihr Sohne habe die Grippe oder Pseudokrupp. Sie hätten ihm unter anderen Smoothies sowie Olivenölextrakt gegeben, heißt es im "Lethbridge Herald".
Erste Symptome hatte das Kind nach dem Bericht am 27. Februar 2012, am 5. März habe sich sein Zustand leicht gebessert. Am Tag darauf sei er jedoch ungewöhnlich lethargisch gewesen, habe nichts getrunken oder gegessen, nur gestöhnt. Die Eltern beschreiben anschließend wieder eine gewisse Besserung, dann wieder eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands.
Der Körper so steif, dass er nicht mehr sitzen konnte
Am 12. März sei der Körper des Kindes so steif gewesen, dass sich sein Rücken durchgebogen habe. Die Eltern flößten ihm Flüssigkeit mithilfe einer Pipette ein, weil er von allein nicht mehr aß oder trank. Am 13. suchten sie einen Heilpraktiker auf, wo sie ein Echinacea-Präparat bekamen: Das pflanzliche Produkt aus dem Sonnenhut soll die Immunabwehr stärken. Verschiedenen Berichten zufolge wurde das Kind in der Heilpraktikerpraxis nicht untersucht. Das Kind sei so steif gewesen, dass es im Auto nicht habe sitzen können, sondern hingelegt werden musste.
Am Abend setzte die Atmung des Kindes aus, erst jetzt suchten die Eltern medizinische Hilfe. Im Krankenhaus stellten die Ärzte fest, dass bei dem Jungen kaum noch Hirnaktivität vorhanden war. Am 16. März starb Ezekiel.
"Sie haben ihren Sohn natürlich geliebt, aber manchmal ist Liebe einfach nicht genug", sagte Staatsanwältin Weich dem "Calgary Herald".
Der Vater arbeitet bei einem Unternehmen, das Nahrungsergänzungsmittel vertreibt und erklärt, diese würden gegen unter anderem bei ADHS, Depressionen oder Autismus helfen. Ein entsprechendes Vertrauen in Medizin, deren Erfolge durch viele Untersuchungen belegt sind, war bei den Eltern offensichtlich nicht vorhanden.
Der traurige Fall illustriert die größte Gefahr, die von ungeprüften, alternativmedizinischen Verfahren ausgeht: Selbst wenn sie sich als "sanft" bezeichnen und für sich genommen auch weitgehend harmlos sind - wie etwa Olivenölextrakt - gefährlich werden sie, wenn Menschen bei schweren Krankheiten auf echte Medizin verzichten. Oder wenn sie diese Entscheidung für ihre Kinder treffen.
Quelle : spiegel.de
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