Warum den Klimakiller CO2 nicht einfach aus der Luft entfernen, um die globale Erderwärmung zu bremsen? Bei gleichzeitiger Verringerung der Emissionen natürlich. Erst vor ein paar Tagen rieten europäische Klimaforscher, die Umsetzung der Idee der CO2-Entnahme zu forcieren. Doch bisherige Verfahren sind teuer, energieintensiv oder beides. Forscher aus den USA haben nun jedoch eine neue Methode entwickelt, die auf einfache und kostengünstige Weise viel CO2 aus der Atmosphäre entnehmen soll.
Bisher liegen bei der CO2-Entnahme aus der Atmosphäre die Hoffnungen vorrangig auf zwei Methoden: zum einen auf dem Direct-Air-Capture (DAC), bei dem mithilfe von Ventilatoren Umgebungsluft angesaugt und das CO2 herausgefiltert wird. Eine andere Methode setzt auf Pflanzen, die CO2 aus der Luft entziehen - ihre Biomasse wird in Kraftwerken verfeuert, das dort erneut freigesetzte CO2 wird dann eingelagert.
Verwitterung baut CO2 natürlich ab
Es gibt noch eine dritte Methode: Verwitterung. Regenwasser verbindet sich mit CO2 in der Luft zu Kohlensäure. Diese löst Gestein und Mineralien am Boden langsam auf und am Ende des Prozesses wird das CO2 in Carbonaten gebunden, dazu zählen etwa Kalkstein und Kreide. Doch mit dem gigantischen Ausstoß des Menschen kommt diese natürliche CO2-Bremse nicht mehr mit. Man kann den Prozess aber auch beschleunigen, schreibt ein Forscherteam der Stanford University in seiner Studie, die im Fachmagazin "Nature" erschienen ist.
Matthew Kanan und sein Kollege Yuxuan Chen haben im Labor aus langsam verwitternden Silikaten unter Wärmeeinwirkung viel reaktionsfreudigere Mineralien erzeugt, die CO2 schnell einfangen und speichern. Bei reinem CO2 wurden diese innerhalb von zwei Stunden komplett karbonisiert. Bei Versuchen mit normaler Luft, in der die Konzentration von CO2 lediglich 0,04 Prozent beträgt, dauerte der Prozess zwar Wochen bis Monate - was aber immer noch tausendmal schneller als in der Natur ist.
"Wir hätten nicht erwartet, dass es so gut funktionieren würde", sagte Chen. Ein weiterer Vorteil: Für die Produktion des Materials, bei dem es sich um Magnesiumoxid und Calciumsilikat handelt, seien lediglich bekannte und erprobte Öfen zur Herstellung von Zement notwendig. Zudem soll das Ganze günstiger sein als Direct-Air-Capture: "Unser Verfahren würde weniger als die Hälfte der Energie benötigen", sagt Kanan.
Win-win-Situation erhofft
Aber wie könnte das neue Material praktisch eingesetzt werden, um CO2 zu binden? "Man kann sich vorstellen, Magnesiumoxid und Calciumsilikat auf großen Landflächen zu verteilen, um CO2 aus der Umgebungsluft zu entfernen", sagte Kanan. Beim Einsatz auf landwirtschaftlich genutzten Böden habe dies auch einen positiven Effekt auf Ernteerträge und die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen. Landwirte könnten also gewillt sein, für das Material zu bezahlen. "Und als Bonus gibt es die Kohlenstoffentfernung."
Um einen Effekt auf den Klimawandel zu haben, müssten jährlich jedoch Millionen von Tonnen der neu entwickelten Materialien produziert werden - bisher wurden im Labor der Forscher gerade mal 15 Kilogramm pro Woche produziert.
Doch Kanan und Chen sind optimistisch: Öfen zur Zementherstellung sind bereits bekannt und im Einsatz. Der nötige Ausgangsstoff für die neuen Materialien, Magnesiumsilikat wie Olivin oder Serpentin, sei in vielen Regionen reichlich vorhanden. Auch Abraum aus dem Bergbau käme dafür infrage. "Schätzungen zufolge gibt es auf der Erde mehr als 100.000 Gigatonnen Olivin- und Serpentin-Reserven", so Chen. Dies sei genug, um dauerhaft weit mehr CO2 zu binden, als die Menschheit jemals ausgestoßen hat.
Quelle: ntv.de
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