Risiko für Rückkehr ausgerotteter Krankheiten in den USA steigt

  27 April 2025    Gelesen: 87
  Risiko für Rückkehr ausgerotteter Krankheiten in den USA steigt

Impfmüdigkeit und Fehlinformationen lassen die Zahl der Immunisierungen in den USA schrumpfen. Die Folgen sind mitunter fatal, wie eine neue Studie nun berechnet: Das Risiko für Masern-Ausbrüche ist schon jetzt deutlich erhöht - und längst besiegt geglaubte Krankheiten könnten zurückkehren.

In den USA könnten sinkende Impfquoten bei Kindern dazu führen, dass Krankheiten wie Masern wieder häufiger auftreten und sich dauerhaft in der Bevölkerung halten. Das würde das Risiko schwerer Ausbrüche erhöhen - selbst in Regionen, in denen Masern bislang weitgehend unter Kontrolle waren. Zudem könnten andere als ausgerottet geltende Krankheiten zurückkehren. Darauf weist eine neue Studie von Forschenden des Stanford Medicine Institute und weiterer Universitäten hin, die im Fachblatt "Journal of the American Medical Association" (JAMA) veröffentlicht wurde.

Mit einem Computermodell simulierte das Forschungsteam, wie sich Masern, Röteln, Polio (Kinderlähmung) und Diphtherie unter verschiedenen Impfbedingungen ausbreiten würden. Dafür berücksichtigten sie Daten zur Bevölkerungsentwicklung, zur bestehenden Immunität in der Bevölkerung sowie zum Risiko, dass Infektionskrankheiten eingeschleppt werden. Die aktuellen Impfraten basieren auf Zahlen aus dem Zeitraum 2004 bis 2023.

Bereits bei den heutigen Impfständen rechnen die Forschenden damit, dass Masern in den kommenden 20 Jahren wieder regelmäßig auftreten könnten - mit rund 850.000 Erkrankungen, 170.000 Klinikeinweisungen und 2.500 Todesfällen in 25 Jahren. "Würden die Impfungen heute auch nur um zehn Prozent zurückgehen, würden die Masernfälle in den nächsten 25 Jahren auf 11,1 Millionen ansteigen", prognostiziert der Hauptautor der Studie Mathew Kiang.

Forscher befürchten Hunderttausende Todesfälle

Wenn die Impfraten über einen längeren Zeitraum weiter sinken, könnten Masern und auch andere in den USA als ausgerottet geltende Krankheiten - wie Röteln und Kinderlähmung - wieder auftauchen. "Würden die Impfraten halbiert, wären innerhalb von 25 Jahren 51,2 Millionen Masern-, 9,9 Millionen Röteln-, 4,3 Millionen Polio- und 200 Diphtheriefälle zu erwarten. Dies würde zu 10,3 Millionen Krankenhausaufenthalten und 159.200 Todesfällen führen", warnt Kiang.

Gleichzeitig betont der leitende Autor der Studie Nathan Lo aber auch: "Eine Erhöhung der Impfraten um fünf Prozent könnte bereits verhindern, dass Masern wieder dauerhaft zirkulieren." Das Problem sei, dass spätestens seit der Coronapandemie, aber auch schon davor die Zahl der Routineimpfungen abgenommen habe. Lo beschreibt: "Die Menschen schauen sich um und sagen: "Wir sehen diese Krankheiten nicht. Warum sollten wir uns dagegen impfen lassen?" Es gebe eine allgemeine Impfmüdigkeit sowie Misstrauen und Fehlinformationen über die Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen.

Das Thema Masern hatte zuletzt in den USA wieder öffentlich für Debatten gesorgt, weil kürzlich erstmals seit zehn Jahren zwei Kinder in Texas an Masern starben - sie waren ungeimpft. Zudem gab es bundesweit mehrere Hundert Infektionen, die meisten davon in Texas. Die meisten Betroffenen waren nicht geimpft.

US-Gesundheitsminister ehemals Impfskeptiker

Der von US-Präsident Donald Trump ernannte Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. nannte angesichts dieser Entwicklung eine Impfung die wirksamste Methode, um die Verbreitung der Masern zu vermeiden. Zunächst hatte er in Interviews angesichts der Masernwelle allerdings auf Vitamin A und Lebertran als Heilmittel verwiesen. In früheren Jahren hatte er zudem Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Impfungen geäußert. Auch deshalb gab es erhebliche Kritik an seiner Ernennung zum Gesundheitsminister.

In Deutschland schwankt die Zahl der registrierten Masernfälle laut Robert Koch-Institut (RKI) von Jahr zu Jahr. Von 2012 bis 2023 lag die Zahl im Pandemiejahr 2021 mit nur 8 Fällen auf einem Minimum. Im Jahr 2015 mit den meisten Fällen dieses Zeitraums waren es 2466.

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC registrierte 2024 zehn Todesfälle im Zusammenhang mit Masernerkrankungen, neun davon in Rumänien und einen in Irland. Weltweit gab es 2023 laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzungsweise 107.000 solcher Todesfälle, die meisten bei nicht oder nicht genügend geimpften Kindern unter fünf Jahren.

Keine harmlose Kinderkrankheit

Masern werden von Mensch zu Mensch durch Tröpfchen übertragen, zum Beispiel beim Husten, Niesen oder Sprechen. Fast jeder Kontakt führt zur Ansteckung, wenn jemand nicht geimpft ist. Sicheren Schutz bietet nur eine doppelte Impfung. Schon fünf Tage vor dem typischen roten Hautausschlag sind Infizierte ansteckend. Nach grippeähnlichen Anzeichen wie hohem Fieber, Husten und Schnupfen folgt Tage später der Ausschlag.

Masern schwächen das Immunsystem. Daher können Bronchitis, Mittelohr- oder Lungenentzündungen die Folge sein, selten auch eine Gehirnentzündung. Daran sterben bis zu 20 Prozent der Betroffenen. Bei fast einem Drittel bleiben schwere Folgeschäden wie geistige Behinderung oder Lähmungen zurück. Eine spezifische antivirale Therapie gegen Masern gibt es nicht.

Quelle: ntv.de, spl/dpa


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