Wie Sie Psycho-Tricks des Chefs richtig parieren

  06 Mai 2016    Gelesen: 708
Wie Sie Psycho-Tricks des Chefs richtig parieren
Mit relativ einfachen Methoden können Chefs ihre Mitarbeiter klein halten. Doch Psychologen sagen: Manipuliert wird nur der, der sich manipulieren lässt. Und geben Tipps, wie sich Mitarbeiter wehren.
Sabine R. ist eine erfolgreiche Akquisiteurin: Bei einer Veranstaltung war es ihr gelungen, acht Visitenkarten potenzieller Kunden zu ergattern – und sechs von ihnen meldeten sich sogar von sich aus bei ihr, ohne dass sie ihnen hinterher telefonieren musste. Als sie das ihrem Vorgesetzten erzählte, reagierte der allerdings ganz anders als erwartet: Statt eines Lobes behandelte er sie von oben herab: "Das war bestimmt nur Zufall", sagte der Vorgesetzte.

Hier eine gezielte Einschüchterung, da ein vermeintlich nebenbei gestreutes Gerücht, dort ein vergiftetes Lob: Es sind derartige kleine Gemeinheiten, die Arbeitnehmern hierzulande immer wieder das Leben schwer machen. Führungskräfte wollen ihre Mitarbeiter dadurch zu mehr Leistung animieren – und greifen dafür tief in die psychologische Trickkiste. Eine Statistik darüber, wie häufig Chefs sich derartige Praktiken zueigen machen, gibt es naturgemäß nicht – schließlich spielen sich die meisten Vorfälle im Verborgenen ab.

Experten sind sich aber sicher: Es ist praktisch jedes Unternehmen betroffen. "Viele Chefs haben irgendwann einmal Weiterbildung gemacht im Bereich `Führung`", sagt Madeleine Leitner, Karriereberaterin und Psychologin aus München. "Dort werden oft relativ einfache Methoden aus der Transaktionsanalyse vermittelt."

Eltern-Ich wird gegen Kind-Ich ausgespielt

Bei der Transaktionsanalyse arbeiten Psychologen mit einem Modell, bei dem drei Anteile der Persönlichkeit unterschieden werden: Das "Eltern-Ich", das "Erwachsenen-Ich" und das "Kind-Ich". "Um Menschen zu beeinflussen, benutzen Führungskräfte dann oft bewusst ihr `Eltern-Ich` und wenden sich damit an das `Kind-Ich` ihrer Mitarbeiter, um diese einzuschüchtern", erläutert Leitner.

"In der Regel funktioniert das frei nach dem Motto: wie man in den Wald hineinruft, so kommt es zurück. Wenn ich also einen Mitarbeiter wie ein dummes Kind behandle, wird er auch so reagieren." Mit ein wenig Sachkenntnis ist das leicht zu durchschauen – und es lässt sich entsprechend darauf reagieren.

Denn grundsätzlich gilt: Manipuliert werden kann nur, wer sich auch manipulieren lässt. Karriereberaterin Leitner empfiehlt zwei Varianten: "Statt wie ein beleidigtes oder verletztes Kind zu reagieren, kann man bewusst vom eigenen Erwachsenen-Ich zum Erwachsenen-Ich des Chefs kommunizieren", sagt die Psychologin.

"Das sehe ich anders" als Wunderformel

Ein einfaches "Das sehe ich anders" könne in dieser Hinsicht Wunder wirken. Die Alternative ist, vom eigenen Eltern-Ich zum Kind-Ich des Chefs zu kommunizieren – und einfach zu sagen: "Was fällt Ihnen ein, so mit mir zu reden?!". "Das muss man sich aber trauen", sagt Leitner. Dabei ist es eigentlich völlig legitim, als Chef zu versuchen, die Mitarbeiter zu guten Leistungen zu animieren – es dient schließlich dem Wohl des Unternehmens und damit letztlich auch dem des Mitarbeiters.

"Gute Führungspersonen zeichnen sich dadurch aus, dass es ihnen gelingt, ihre unterstellten Mitarbeiter zu großen Leistungen zu motivieren und sie in der Bewerkstelligung von Aufgaben zu begleiten", betont Anja Schelte, geschäftsführende Gesellschafterin bei den Delta Management Consultants in Düsseldorf. "Manipulatives Gesprächsverhalten muss dabei nicht zwingend negativ behaftet sein. Wir alle manipulieren ständig, wenn wir kommunizieren."

Faule Kompromisse vermeiden

Problematisch werde es immer dann, wenn Führungskräfte versuchen, sich selbst aus der Verantwortung zu ziehen und mit manipulativem Führungs- und Gesprächsverhalten die Schuld auf nachgeordnete Mitarbeiter abzuwälzen, so Schelte. Auch wer den Mitarbeitern Leistungen abverlangt, zu denen sie aufgrund ihrer physischen oder psychischen Disposition nicht in der Lage sein können, handelt unlauter.

Genauso unfair und manipulativ sind etwa faule Kompromisse, die Führungskräfte gerne in Gehaltsverhandlungen. Ein Beispiel: Der Mitarbeiter fordert aufgrund seiner bisher erbrachten Leistung ein höheres Gehalt und benennt dieses auch konkret. Der Vorgesetzte verkauft ihm aber die von ihm eher gewünschte Lösung als Kompromissvorschlag. Statt auf der Forderung von 7000 Euro zu beharren, solle der Mitarbeiter doch lieber 5000 Euro brutto nehmen und dazu einen Dienstwagen bekommen.

Alles andere würde das Gehaltsgefüge des Unternehmens zerstören und so ein schlechtes Betriebsklima erzeugen. "Damit ist der Mitarbeiter in der unfairen Situation, sich für den moderaten und vom Chef gewünschten Vorschlag fast entscheiden zu müssen, um sich nicht angreifbar zu machen", erläutert Delta-Beraterin Schelte.

Manipulative Mitarbeiter konfrontieren

Es sind aber längst nicht nur die Vorgesetzten, die manipulative Techniken anwenden – auch Mitarbeiter untereinander greifen des Öfteren auf Psychotricks zurück. "Diese Kollegen sind aalglatt, schmeicheln Chefs und beherrschen die ganze Klaviatur der Selbstdarstellung und Spielchen", sagt Karriereberaterin Madeleine Leitner. Sie rät zur offenen Ansprache des Problems – zunächst gegenüber dem Kollegen selbst, notfalls auch gegenüber dem Vorgesetzten.

"Man sollte den Stier direkt bei den Hörnern packen und den Kollegen auf möglichst sachliche Art und Weise ansprechen", rät auch Unternehmensberaterin Schelte. "Die Erfahrung zeigt, dass das Gegenüber, wenn es erkennt, dass die manipulative Technik nicht zum Erfolg führt, rasch aufgibt."

Führungskräften rät Psychologin Leitner, ganz deutlich gegen ein solches Verhalten im Kollegenkreis vorzugehen. Schließlich kann der Teamspirit und damit letztlich die Produktivität der gesamten Abteilung unter derartigen Verhaltensweisen einzelner Mitarbeiter leiden. Um dem vorzubeugen, sollten Chefs "am besten niemanden einstellen, der in einem Konzern gearbeitet hat", so Leitner. "Die sind nämlich verdorben."

Quelle : welt.de

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