Vettels Strategie geht nicht auf

  13 Juni 2016    Gelesen: 875
Vettels  Strategie geht nicht auf
Fünfter Kanada-Sieg für Lewis Hamilton. Am Start erneute Berührung der beiden Mercedes. Sebastian Vettels Siegchancen verpuffen durch falsche Strategie.
Lewis Hamilton widmete seinen eiskalten Sieg gegen Sebastian Vettel im Taktik-Krimi von Kanada einem der größten Sportler der Geschichte. „Schwebe wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene. Das ist für Muhammad Ali“, funkte der Formel-1-Titelverteidiger am Sonntag in Erinnerung an das in der Vorwoche gestorbene Box-Idol nach seinem fünften Erfolg in Montreal. Der Mercedes-Pilot hatte zuvor Ferrari-Star Vettel bezwungen, weil er im Reifenpoker mit einem Stopp weniger ausgekommen war. In der WM-Gesamtwertung liegt Hamilton nur noch neun Punkte hinter Teamkollege Nico Rosberg, der nach der Enttäuschung von Monaco den zweiten Alptraumtag in Serie erlebte.

Nach einer leichten Startkollision mit Hamilton, einem schleichenden Reifenplatten und einem Fast-Unfall kurz vor Schluss bei einem versuchten Überholmanöver wurde Rosberg nur Fünfter. „Eine Riesenenttäuschung“, kommentierte der 30-Jährige. Auch Vettel konnte nicht ganz zufrieden sein. Am Start kam er noch überragend los und schnappte sich zunächst die Führung. Doch die Ferrari-Strategen wählten die falsche Reifentaktik, sodass der Hesse am Ende Hamilton nicht mehr einholen konnte. „Lewis war ein bisschen zu schnell, das war das Problem“, erklärte Vettel, der den Finnen Valtteri Bottas im Williams auf Rang drei verwies.

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Für Hamilton war es nach seinem Erfolg von Monaco vor zwei Wochen der zweite Sieg nacheinander. Sein Technik-Pech der ersten Saisonwochen scheint vorbei, der Weltmeister ist wieder in der Titelspur. „Wir schauen von Rennen zu Rennen, es gibt immer noch viel Arbeit. Es ist noch ein langer Weg vor uns“, sagte Hamilton, der dann noch einmal Ali gedenken wollte: „Ich widme nur selten jemandem ein Rennen, aber es ist mir eine Ehre, es diesmal zu machen. Er war für so viele Leute eine Inspiration und wird das auch immer bleiben. Ich musste die letzten 20 Runden an ihn und viele seiner Kämpfe denken.“ Den Fokus verlor Hamilton dabei allerdings nicht und brachte seinen 45. Karriere-Sieg sicher ins Ziel.

Dabei hatte das Rennen auf dem nasskalten Circuit Gilles Villeneuve für den Briten nicht gut begonnen. Vettel erwischte von Platz drei einen traumhaften Start und zwängte sich schon nach wenigen Metern an Hamilton vorbei, der am Samstag die 53. Pole Position seiner Karriere erobert hatte. Hinter Vettel lieferten sich Hamilton und Rosberg dann in der ersten Kurve ein knallhartes Duell um Rang zwei, bei dem sich die Vorderräder der Silberpfeile berührten - mit dem besseren Ausgang für den Weltmeister. Während Rosberg ins Gras ausweichen musste und dramatisch an Boden verlor, machte sich Hamilton umgehend an die Verfolgung Vettels.

Nächste Mercedes-Kollision: Hamilton drängt Rosberg raus

Rosberg indes hatte danach im Mittelfeld viel Mühe, war zwischenzeitlich nur Zehnter. An der Spitze entschied sich Ferrari nach nur zehn Runden für ein taktisch gewagtes Manöver: Am Ende der virtuellen Safety-Car-Phase, hervorgerufen durch den Motorschaden von Jenson Button, holte die Scuderia Spitzenreiter Vettel unerwartet früh zum ersten Reifenwechsel an die Box. Der Hesse kam als Vierter zurück auf die Strecke. Allerdings war klar, dass Vettel noch einen weiteren Reifenwechsel benötigen würde. Zudem hatte der Vierfach-Champion nun die beiden Red Bull vor sich, die Ferrari zuletzt in Spanien und Monaco die Rolle als erster Mercedes-Verfolger streitig gemacht hatten.

Diesmal aber zeigten sich die roten Autos wieder deutlich verbessert, ein Update des Motors brachte die gewünschte Wirkung. So konnte Vettel bald an Daniel Ricciardo und Max Verstappen vorbeiziehen. Als Hamilton zum ersten Besuch an der Garage abbog, war der Deutsche wieder vorn. Der nächste Platztausch an der Spitze folgte in Runde 38, als Vettel sich erneut frische Pneus abholte. Der Ferrari-Star machte sich umgehend an die Aufholjagd, kam an Hamilton aber nicht mehr nah genug ran und musste sich im Kampf um den Sieg in den letzten Runden, nach gleich mehreren Verbremsern in der Zielkurve, geschlagen geben.

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An der gleichen Stelle hätte einen Umlauf vor Schluss dann auch Rosbergs durchwachsener Nachmittag ein fast noch schlechteres Ende gefunden. Im Duell um Platz vier drehte sich der WM-Führende im Zweikampf mit Max Verstappen und hatte Glück, unbeschädigt weiterfahren zu können und keine zusätzlichen Punkte im Titelrennen zu verlieren. Trotzdem: Nachdem Rosberg mit seinen vier Siegen zum Saisonauftakt noch mit der WM davonzufahren schien, ist das Duell um die Weltmeisterschaft zwischen den beiden Mercedes-Fahrern spätestens nach dem Rennen in Montreal wieder völlig offen. (fh/dpa)
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Rennergebnis - Kanada GP 2016:

1. Lewis Hamilton (England) Mercedes 1:31:06,296 Std. (Schnitt: 201,045 km/h)
2. Sebastian Vettel (Heppenheim) Ferrari + 5,011 Sek.
3. Valtteri Bottas (Finnland) Williams + 46,422
4. Max Verstappen (Niederlande) Red Bull + 53,020
5. Nico Rosberg (Wiesbaden) Mercedes + 1:02,093 Min.
6. Kimi Räikkönen (Finnland) Ferrari + 1:03,017
7. Daniel Ricciardo (Australien) Red Bull + 1:03,634
8. Nico Hülkenberg (Emmerich) Force India + 1 Runde
9. Carlos Sainz Jr. (Spanien) Toro Rosso + 1 Runde
10. Sergio Perez (Mexiko) Force India + 1 Runde
11. Fernando Alonso (Spanien) McLaren Honda + 1 Runde
12. Daniil Kvyat (Russland) Toro Rosso + 1 Runde
13. Esteban Gutiérrez (Mexiko) Haas + 2 Runden
14. Romain Grosjean (Frankreich) Haas + 2 Runden
15. Marcus Ericsson (Schweden) Sauber + 2 Runden
16. Kevin Magnussen (Dänemark) Renault + 2 Runden
17. Pascal Wehrlein (Worndorf) Manor + 2 Runden
18. Felipe Nasr (Brasilien) Sauber + 2 Runden
19. Rio Haryanto (Indonesien) Manor + 2 Runden

Ausfälle: Jenson Button (England) McLaren Honda (10. Runde); Jolyon Palmer (England) Renault (17. Runde); Felipe Massa (Brasilien) Williams (36. Runde)

Schnellste Rennrunde: Nico Rosberg (Mercedes) 1:15,599 Min.

Quelle:autobild

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