Unternehmer, Sportler und Student: Für eine Freundin hat er keine Zeit

  17 Juni 2016    Gelesen: 804
Unternehmer, Sportler und Student: Für eine Freundin hat er keine Zeit
Er ist 21 Jahre alt, managt ein Millionenunternehmen, betreibt eine Klinik für Obdachlose und ist Spitzensportler. Sam Dhillon aus Kalifornien sagt, man "muss die Uhr besiegen, wenn man etwas werden will." Hm.
An einem Sonntagabend Anfang April hatte Sam Dhillon das erste Mal in seinem Leben weiche Knie. Es war das Halbfinale der nordamerikanischen College-Meisterschaft, der 2,04 Meter große Dhillon stand auf dem Basketballfeld des NRG-Stadions in Houston und trug das weinrote Trikot der University of Southern California (USC).

75.500 Stadionbesucher applaudierten. Sie beklatschten ihn, weil er vom Verband der Uni-Basketball-Trainer ausgezeichnet wurde für seine Arbeit abseits des Spielfelds. College-Basketballer in den USA verbringen normalerweise die meiste Zeit beim Training oder bei Spielen. Die TV-Vermarktung hat ihren Sport zu einem Milliardengeschäft gemacht, da schaffen es viele der Studenten nur noch zu ein paar Pflichtseminaren. Bei Sam Dhillon ist das anders: Basketball ist in seinem Kalender eher eine Randnotiz.

Das wiederum liegt daran, dass der 21-jährige Sohn indischer Einwanderer bereits ein millionenschweres Unternehmen leitet. Vor drei Jahren gründete der Student der Humanbiologie eine Investmentfirma, mit der es steil bergauf ging. Das Geschäftsmodell: "Menschen helfen, ihr Geld clever anzulegen", wie er sagt. Auf die Idee habe ihn ein Uni-Footballspieler gebracht. Der fragte ihn, woher er seine teure Uhr habe.

Dhillon antwortete, er habe sein Erspartes in Facebook-Aktien gesteckt. Der Footballer sagte: "Dann kümmerst du dich in Zukunft auch um mein Geld." Von dem Vorschlag seines Kommilitonen sei er wie elektrisiert gewesen, sagt Dhillon. Abends nach dem Training schloss er sich daher in sein WG-Zimmer ein, las Finanzliteratur und meldete sich dann für das "Series-65-Exam" an - einen Onlinekurs zu Wirtschafts- und Investmentfragen. Für den hatten andere Teilnehmer, die er kennenlernte, Jahre studiert. Dhillon büffelte fünf Monate lang, dann absolvierte er den Test vor dem Bildschirm. Nach drei Stunden war er staatlich geprüfter Anlageberater, mit 18 Jahren.

Jede Minute des Tages durchgeplant

Am Anfang sei es schwer gewesen, Kunden zu gewinnen, sagt Dhillon. Wer vertraut einem Teenager schon freiwillig sein Erspartes an? Doch dann gab ein Bekannter ihm 20.000 Dollar. Dhillon schaffte es tatsächlich, das Geld zu vermehren - und dafür auch noch stattliche Provisionen zu kassieren. Der Erfolg sprach sich herum. Heute hat er 44 Klienten - und sein Unternehmen ist 3,5 Millionen Dollar wert.

Und als reichte das noch nicht, erforscht Dhillon als Biologiestudent im Labor die Ursachen für Alzheimer und betreibt gemeinsam mit drei Kommilitonen eine mobile Gesundheitsklinik. Alle zwei Wochen fahren er und seine Mitstreiter in einem Bus nach South Central Los Angeles, um Medikamente an Obdachlose zu verteilen.

Wie muss jemand drauf sein, der so ein Programm durchzieht? Was ist dieser Dhillon für ein Typ? Ein Genie? Ein verbissener Streber? Vermutlich eine Mischung aus beidem. Ganz sicher bringt er ein hohes Maß an Disziplin mit.

Wo es vielen seiner Altersgenossen schon schwerfällt, pünktlich zur Vorlesung zu erscheinen, hat Dhillon jede Minute des Tages durchgeplant. Er schlafe nachts nur fünf Stunden, erzählt er, soziale Netzwerke hält er für "Zeitverschwendung". Gesprächspartner haben mitunter Probleme, ihm zu folgen: Dhillon redet schnell und ohne Pause. Über Vermögensverwaltung, Altersvorsorge, Steuervorteile. Alles garniert mit Sätzen, die aus Erfolgsratgebern stammen könnten, zum Beispiel: "Du musst die Uhr besiegen, wenn du etwas werden willst."

Noch vor Vorlesungsbeginn um acht Uhr am Morgen rufe er die ersten Klienten an, erzählt Dhillon. Bis 14 Uhr widmet er sich der Uni, nachmittags hat er vier Stunden Basketballtraining. Abends sitzt er wieder am Schreibtisch, lernt für Klausuren oder brütet über Investmentstrategien. Ausgehen, das Studentenleben genießen - solche Dinge interessierten ihn nicht, sagt Dhillon.

Schon als Kind konnte er kaum still sitzen. Wenn die Eltern mit ihm einen Film schauten, sprang er nach ein paar Minuten auf, rannte durchs Haus oder zimmerte im Garten eine Holzhütte. Als Jugendlicher vertiefte er sich in Basketballstatistiken. Das gute Gedächtnis für Zahlen habe er von seinem Vater, der 1979 mit 80 Dollar in der Tasche aus einem indischen Dorf nach Kalifornien gekommen sei, erzählt Dhillon. Der Vater habe hart gearbeitet, auf einer Farm geschuftet, Autos repariert, Ingenieurwesen studiert. Später habe er mehrere Tankstellen gekauft.

"Er ist ein besonderer Junge"

Er habe immer sein wollen wie sein Vater, sagt Dhillon. Er wollte ihn stolz machen. Im ersten Jahr an der USC Los Angeles beklebte er die Wände seines WG-Zimmers mit Zetteln. Darauf hatte er Sätze gekritzelt wie "Der Wille ist der Türöffner zum Erfolg". Die Zettel hat er mittlerweile abgenommen, dafür schreibt er sich sonntags Ziele für jeden Wochentag auf.

Es gibt Menschen, die zweifeln, dass Sam Dhillon so viele Dinge tut, wie er sagt. "Kann ich verstehen - sie sehen mich aber auch nicht arbeiten", entgegnet er. Außerdem beschäftige er sieben Mitarbeiter, damit ihm noch Zeit für Studium, Basketball und Gesundheitsklinik bleibe. Zeit für Freunde, eine Freundin gar, hat er aber nicht so recht. Er sieht das pragmatisch: "Menschen, die in meinem Leben bleiben wollen, finden einen Weg."

Kameradschaft, immerhin, fand Dhillon im Basketballteam - vielleicht auch, weil er dort nicht sein eigenes Ding durchzieht, sondern sich in die Mannschaft einfügen muss. Auch wenn er bei Weitem nicht zu den besten Spielern zähle, sei er für das Team unverzichtbar, sagt der Trainer. Dhillon sei ein Motivator, ein Kämpfer. Einer, der an den Ertrag harter Arbeit glaube - und diese Einstellung auf die Mannschaft übertrage. "Er ist ein besonderer Junge", sagt der Coach.

Seine Teamkollegen nennen Dhillon scherzhaft den "Basketball spielenden Nerd". Einmal, so erzählen sie, habe er in zwei Stunden ein Statistikbuch gelesen, um einen Mitspieler auf die wichtigsten Klausurfragen vorzubereiten.


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