Wo man täglich in die fremde Sprache taucht

  10 Juli 2016    Gelesen: 759
Wo man täglich in die fremde Sprache taucht
Zweisprachige Kindergärten werden immer populärer, auch bei Eltern, die ansonsten Deutsch benutzen. Aber was bringt die künstliche Bilingualität wirklich?
We’ re going to the Zoo tomorrow.“ Emmas Kindergarten-Geheimsprache ist Englisch. Das wird nur im Kindergarten gesprochen und versteht sonst niemand, schon gar nicht ihre Eltern, ist die Dreijährige überzeugt. Emma besucht einen englischsprachigen Kindergarten, zu Hause sprechen ihre Eltern mit ihr deutsch.

Immer mehr Kinder bekommen im Kindergarten nicht nur das soziale Miteinander, die Möglichkeit zu spielen, basteln und bauen, sondern gleichzeitig noch eine zweite Sprache mit auf den Weg. Bilinguale Kitas schießen derzeit vor allem in den Großstädten wie Pilze aus dem Boden, und auch auf dem Spielplatz hört man immer mehr deutsche Eltern, die statt „Pass auf!“ ihren Kindern auf dem Klettergerüst „Be careful!“ hinterher rufen.

Vorteile für den Nachwuchs
Dass es einen Trend gibt, seine Kinder schon möglichst früh mit einer fremden Sprache in Kontakt zu bringen, bestätigt auch Ingrid Stolz vom Internationalen Kindergarten des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI) in Heidelberg: „Wir haben eine vermehrte Nachfrage für unsere Kindergärten, und die Warteliste ist lang.“ Auch die Zahlen des Verbandes für Frühe Mehrsprachigkeit an Kindertageseinrichtungen und Schulen (FMKS e. V.) bestätigt dies. Gab es im Jahr 2004 etwa 340 bilinguale Kitas in Deutschland, waren es im Jahr 2014 bereits 1035 Kitas. Die meisten bieten Englisch als zweite Sprache an, gefolgt von Französisch und Dänisch.

Spricht in einer Familie der Vater deutsch mit seinen Kindern und die Mutter ist Amerikanerin und spricht nur englisch, ist das aus Sicht der Wissenschaft kein Problem, denn das Kind bekommt die zweite Sprache auf natürliche Weise über eine enge Bezugsperson mit auf den Weg. Aber auch immer mehr deutsche Eltern wollen ihre Kinder in bilinguale Krippen und Kindergärten schicken und erhoffen sich damit Vorteile für den Nachwuchs.

Nadine Kolb, die an der Universität zu Köln zu Mehrsprachigkeit im Immersionskontext promoviert und Kitas und Schulen zu deren Sprachkonzepten in Kooperation mit dem FMKS e. V. berät, sieht Mehrsprachigkeit als Geschenk, zu dem es grundsätzlich keine Nachteile gebe. „Um einen hohen Sprachstand in der jeweiligen Sprache zu erreichen, benötigen Kinder möglichst viel hochwertigen sprachlichen Input auf muttersprachlichem oder fast-muttersprachlichem Niveau. Im Idealfall verbringen die Kinder mehrere Stunden täglich mit der zweiten Sprache, die sie im Austausch mit anderen Kindern und Erziehern gebrauchen. Die Sprache sollte in vielfältigen Kontexten wie beim Frühstück, im Morgenkreis, beim Basteln, beim Vorlesen oder beim Spielen in der Alltagswelt der Kinder eine Rolle spielen. Wenn die Sprache im Kita-Alltag für alle Aktivitäten altersgemäß eingesetzt wird, erschließen sich Kinder die Sprache selbst, ohne sich dessen bewusst zu sein“, erklärt Kolb.

Mit Hilfe von Gestik, Visualisierung oder Objekten
Im DAI-Kindergarten in Heidelberg arbeiten hauptsächlich Muttersprachler, so entstehe für die Kinder keine künstliche Sprechsituation, sondern sie bekommen die englische Sprache in ihrem Alltag mit. „Die Kinder kommen oft bereits mit zwei Jahren in den Kindergarten. Und so früh lernen sie unheimlich schnell“, weiß Stolz.


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