Juristischer Erfolg für das linke Berliner Wohnprojekt in der Rigaer Straße 94 im Stadtteil Friedrichshain: Laut der Zivilkammer des Berliner Landgerichts war die Teilräumung rechtswidrig. Diese war durch 300 Beamte der Polizei durchgesetzt worden.
Das Gericht bestätigte vorläufig die Nutzungsrechte des klagenden Vereins "Freunde der Kaderschmiede". Damit muss der von der Polizei beschützte Hauseigentümer, das Unternehmen Lafone Investments Limited, die Räumlichkeiten bis zur endgültigen Klärung der Besitzverhältnisse wieder freigeben.
Da die Anwälte der Hauseigentümergesellschaft nicht zur Verhandlung erschienen, handelt es sich um ein sogenanntes Versäumnisurteil. Dieses gibt dem anwesenden Kläger automatisch Recht, räumt aber den Rechtsvertretern der Lafone Investments ein Widerspruchsrecht ein.
In der mündlichen Verhandlung stellte Richterin Nicola Herbst fest, dass der Hauseigentümer vor dem Polizeieinsatz am 22. Juni weder einen Räumungstitel vorgelegt noch einen Gerichtsvollzieher bei der Vollstreckung mitgebracht hatte. Damit sei das Vorgehen der Lafone Investments und der Polizei rechtlich nicht gedeckt gewesen, sagte Herbst.
Der massive Polizeieinsatz hatte in den vergangenen Wochen zu heftigen Auseinandersetzungen mit Linksautonomen und Linksradikalen geführt, der am Wochenende in einer der gewalttätigsten Demonstrationen der vergangenen Jahre in der Hauptstadt gipfelte. Dabei wurden nach Polizeiangaben über 120 Beamte verletzt. In Bezugnahme auf die Rigaer 94 gab es zudem zahlreiche Brandanschläge auf Autos im gesamten Berliner Stadtgebiet, sowie Attacken auf Immobilienbüros und andere Einrichtungen.
Lauter Jubel im Gerichtssaal
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU), der den Polizeieinsatz zu verantworten hat, ist für seine harte Linie gegenüber der linksautonomen Szene bekannt. Er hatte sich zuletzt trotz der Aufforderung von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) gegen Gespräche mit der Szene ausgesprochen. Nach den Ausschreitungen vom Wochenende war auch Müller von seiner Position abgerückt.
In der Nachbarschaft des Hauses Rigaer 94 im Samariterkiez war die massive Polizeipräsenz seit der Teilräumung auf mitunter scharfe Kritik gestoßen. Der Kiez gehört zu den angesagtesten und kinderreichsten Gegenden Berlins.
Die zahlreichen Sympathisanten aus der linken Szene, die sich im Saal des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg eingefunden hatten, quittierten das vorläufige Urteil mit lautem Jubel. "Wir haben gewonnen - ich hoffe, dass die Berliner Polizei das jetzt versteht", sagte der Anwalt des Vereins, Lukas Theune. Die Rechtsvertreter des Hausbesitzers waren der Verhandlung ferngeblieben.
Theune kündigte an, das Nutzungsrecht seiner Mandanten mithilfe eines Gerichtsvollziehers schnellstmöglich durchsetzen zu wollen. Bis zur gerichtlichen Klärung der Besitzrechte will der Verein mögliche Nutzungsüberlassungstitel aus früheren Zeiten klären. Wegen der seit den Neunzigerjahren mehrfach wechselnden Besitzverhältnisse und der wechselnden Hausnutzer sei die Rechtslage unklar, sagte Theune.
Quelle: spiegel.de
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