Barzani klammert sich an der Macht

  21 Oktober 2015    Gelesen: 780
Barzani klammert sich an der Macht
Nordirak wird durch die USA, Europa, darunter Deutschland mit Waffenlieferungen unterstützt. Das könnte demnächst für Zündstoff sorgen. Regionalpräsident Barzani klammert sich, obwohl seine Amtszeit vorüber ist und nicht mehr verlängert wird, gegen den Willen der Opposition an sein Amt und lässt Proteste und Journalisten niederknüppeln. Das Land ist im Ausnahmezustand.
Seit Monaten hält sich der Islamische Staat (IS) in der Region Mossul und Kirkuk. Trotz umfangreicher Waffenlieferungen aus den USA, aber auch aus europäischen Staaten wie Deutschland, bewegt sich an der Nordfront seit Monaten nichts. Schuld daran ist wohl auch die wirtschaftliche wie politisch instabile Lage im Nordirak selbst. Masud Barzani klammert sich seit dem 19. August an der Macht fest. Seit dem 13. Juni 2005 ist Barzani Präsident der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak. Nach zwei Amtszeiten hatte Barzani wegen der Irakkrise eine außerordentliche Verlängerung seines Amtes durch das Parlament bekommen, die allerdings im August 2015 auslief. Bis dahin sollte im Parlament eine Einigung über das weitere Geschehen erzielt werden. Barzani und seine KDP wollen solange die Bedrohung durch die IS besteht, weiter regieren. Barzanis Rivalen von der PUK und Gorran drängen aber auf einen Wechsel. Seither herrscht düstere Stimmung.

Seit fast zwei Wochen demonstrieren Tausende Demonstranten in mehreren Städten vor Parteizentralen der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP), dessen Vorsitzender seit 1979 Barzani selbst ist. Es kam dabei zu gewaltsamen Ausschreitungen. Die Demonstranten fordern u.a. den Rücktritt Barzanis. Und es könnte noch schlimmer werden. Seit Monaten haben Lehrer, Ärzte und Bedienstete keinen Lohn erhalten, die Stimmung ist gereizt. Dennoch, Barzani lehnt so etwas kategorisch ab. Vielmehr beschuldigt Barzani die zweitstärkste Kraft im Land, die Patriotische Union Kurdistan (PUK), hinter den Ereignissen zu stecken, die Barzani vor zwei Jahren noch die Legitimation gab, das Land bis zum August weiter zu regieren. Die Lage spitzt sich indes zu. Die KDP warf kurzerhand die Minister aus den Reihen der PUK aus dem Kabinett, einen Tag zuvor hinderte man den Parlamentspräsidenten von Goran an der Weiterfahrt nach Erbil, der ebenfalls PUK-Funktionär ist.

Auch aus dem Ausland wächst die Sorge darum, dass wie in den 90er Jahren, bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen werden, wenn die Lage nicht stabilisiert wird. Die Reporter ohne Grenzen (ROG) haben in einer heute veröffentlichten Erklärung (link is external), die Lage als sehr beunruhigend eingestuft. In Nordirak würden sich Fälle von Angriffen auf Journalisten häufen. Seit den Demonstrationen gegen die Regierung, habe es zahlreiche Razzien in der autonomen Region Kurdistans gegeben. Zahlreiche Medien seien daraufhin geschlossen worden. Journalisten würden bei ihrer Arbeit gehindert oder tätlich angegriffen werden.

"Die Behörden in allen Teilen Iraks haben die Pflicht, Journalisten vor Übergriffen zu schützen, wer auch immer die Urheber sind", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Um den Kreislauf der Straflosigkeit zu durchbrechen, muss jede Drohung und jeder Angriff ohne Ansehen der Person verfolgt werden." Zugleich appellierte Mihr an die Journalisten in der Kurdenregion, unparteilich und professionell über die politische Krise zu berichten.

In Deutschland haben Meldungen über tödliche Ausschreitungen, willkürliche Festnahmen, Schließungen von Medien und Drohungen gegen Journalisten, noch keine Reaktionen seitens namhafter kurdischstämmiger Politiker oder Verbandsfunktionäre hervorgerufen, die seit dem August fast sämtliche Kantone Nordiraks erfasst hat. Es scheint so, dass u.a. Ali Ertan Toprak von der Kurdischen Gemeinde in Deutschland davon auch nicht mehr berührt wird, obwohl man mit der Botschaft der Autonomieregierung Kurdistans in Deutschland sehr gut in Kontakt (link is external) steht. Die ansonsten sehr aktiven Mitglieder der Verband der Studierenden aus Kurdistan e. V. (YXK), Föderation kurdischer Vereine in Deutschland (YEKKOM) oder der Verband der Vereine aus Kurdistan in Deutschland e.V (KOMKAR), sind anscheinend auch mit anderen wichtigeren Themen beschäftigt.

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