"Dennoch bleibt die Berufsausbildung in vielen Ländern noch weit hinter ihren Möglichkeiten zurück", heißt es in einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) - eigentlich ein Institut, das den Arbeitgebern nahesteht. Allerdings wurde die Studie auch durch die Hans-Böckler-Stiftung der Gewerkschaften finanziert sowie durch die Vodafone Stiftung Deutschland und die Konrad-Adenauer-Stiftung.
Die Forscher haben die Ausbildungssysteme in sieben europäischen Ländern analysiert. Dazu werteten sie Statistiken aus, untersuchten Reformbemühungen und sprachen mit Experten.
Das IW kommt zu dem Schluss, dass in Ländern mit dualen Systemen - also mit einer parallelen Ausbildung in Betrieb und Berufsschule - die Integration von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt besser und schneller gelingt. Als Vorbilder gelten hier Deutschland und die Schweiz. Ein Patentrezept für andere Länder gebe es aber nicht, räumen die Forscher ein. Denn erfolgreiche Berufsbildungssysteme ließen sich nicht einfach ex- und importieren. In Deutschland etwa sei die duale Ausbildung historisch gewachsen und lasse sich nicht ohne Weiteres auf Länder ohne eine entsprechende Tradition übertragen.
Dennoch gibt es nach Ansicht der Studienautoren Faktoren, die zum Erfolg eines Ausbildungssystems beitragen:
Engagement von Unternehmen: Auszubildende würden dann am besten auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts vorbereitet, wenn Unternehmen selbst an der Ausbildung mitwirken, heißt es in der Studie. Dieses Engagement sei einer der Hauptgründe, weshalb in Ländern mit dualem Ausbildungsmodell die Jugendarbeitslosigkeit deutlich niedriger ist.
Image der Berufsausbildung: Wenn die Ausbildung einen guten Ruf hat, entscheiden sich viele Jugendliche dafür. In vielen europäischen Ländern, etwa in Italien oder Portugal, werde die Ausbildung aber nur als zweite oder dritte Wahl gesehen, heißt es. Die Vorteile einer Berufsausbildung müssten daher den Jugendlichen dort "stärker kommuniziert" werden.
Durchlässigkeit: Die Forscher plädieren für Weiterbildungsmöglichkeiten. Jugendlichen sollte etwa nach der Ausbildung ein Studium offenstehen.
Flexibilität: Die Ausbildung müsse mit der "sich stetig verändernden Arbeitswelt" Schritt halten und sich ihr anpassen, heißt es in der Studie. Besonders dafür geeignet sei neben der dualen Ausbildung ein Aufbau nach Modulen, wie es ihn in Großbritannien und zunehmend auch in Polen gibt. Dabei werden Zertifikate über einzelne Lerninhalte ausgestellt. Diese Bausteine können dann flexibel kombiniert werden.
Beteiligung von Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbänden: Vor allem in Deutschland und der Schweiz ist ihr Einfluss groß. Gemeinsam mit der Politik entwickeln sie Berufsprofile und definieren Bildungsinhalte. In Deutschland haben Azubis Arbeitnehmerrechte und werden vom Betriebsrat vertreten. In Polen haben die Sozialpartner hingegen nur beratende Funktion.
Berufsberatung: Jugendliche und ihren Eltern müssen mit Blick auf Ausbildungswege, Inhalte und Arbeitsmarktperspektiven besser beraten werden, fordern die IW-Autoren. Vor allem Großbritannien habe hier Fortschritte erzielt: Seit der Einführung des National Career Services 2012 bietet das Land eine umfangreiche Berufsberatung an, bei der sich künftig auch Unternehmen stärker einbringen sollen.
Internationaler Austausch: "Internationale Berufserfahrung und Fremdsprachenkenntnisse werden in der globalisierten Welt und mit Blick auf den europäischen Binnenmarkt immer wichtiger", heißt es in der Studie. Insbesondere Auslandsaufenthalte förderten die persönliche Entwicklung, die Selbstständigkeit und die Organisationsfähigkeit der Teilnehmer. Die Forscher kritisieren, dass in Europa bisher vor allem Auslandsaufenthalte von Studenten gefördert werden, nicht aber von Azubis. So würden mit dem EU-Programm Erasmus derzeit zwei Millionen Studenten und nur 650.000 Auszubildende unterstützt. Die Förderung von Azubis müsse daher erweitert werden.
Mobilität innerhalb der Länder: Hier sehen die Forscher neben anderen Ländern insbesondere in Deutschland Aufholbedarf. "Bewerber und offene Stellen liegen in verschiedenen Regionen und aufgrund mangelnder Mobilität bleiben Jugendliche unversorgt und Ausbildungsstellen vakant", heißt es.
Die Forscher loben aber auch die Reformbemühungen. Alle Länder hätten in bestimmten Bereichen innovative Ansätze gefunden, um die Berufsausbildung zu stärken. Sie könnten "voneinander lernen und miteinander gestalten".
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