Dieser Mann wird den Brexit aushandeln

  27 Juli 2016    Gelesen: 795
Dieser Mann wird den Brexit aushandeln
Der ehemalige EU-Kommissar Michel Barnier wird in den Ausstiegsgesprächen mit London als Chefunterhändler der EU fingieren. Der Franzose gilt als gut vernetzt und zog in der Vergangenheit den Ärger der Londoner Banker auf sich.
Der ehemalige EU-Kommissar Michel Barnier soll für die Europäische Union mit der Regierung in London die Bedingungen eines Ausscheidens Großbritanniens aus der EU aushandeln. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ernannte den Franzosen zu seinem Chefunterhändler.

"Ich wollte einen erfahrenen Politiker für diese schwierige Aufgabe", begründete Juncker seine Entscheidung. Der ehemalige Kommissar für den Binnenmarkt verfüge über zahlreiche Kontakte in den Hauptstädten der EU und im EU-Parlament, die wertvoll für seine neue Funktion seien. Barnier, der unter anderem Agrar- und Außenminister seines Landes war, erklärte auf Twitter, er fühle sich geehrt, mit der "anspruchsvollen Aufgabe" betraut worden zu sein. Seinen neuen Posten soll der 65-Jährige am 1. Oktober antreten.

Die "City" kennt Barnier gut

Barnier gehört den französischen Konservativen an und war zwischen 2010 und 2014 für den Binnenmarkt unter Kommissionspräsident José Manuel Barroso zuständig. Der Franzose dürfte vielen Bankern der City of London noch in unguter Erinnerung sein: Da sein Ressort auch Finanzdienstleistungen abdeckte, war er maßgeblich am Aufbau der europäischen Bankenunion und der stärkeren Regulierung der Branche als Reaktion auf die Finanzkrise beteiligt. Die City habe Barnier damals regelrecht "dämonisiert", sagte Jacques Lafitte von der Investment-Beratergruppe Avisa über den neuen Chefunterhändler. Mit der Ernennung Barniers zum Brexit-Verhandlungsführer hätte die Kommission "den Engländern keine härtere Botschaft senden können."

Nach Angaben der EU-Kommission soll er die Austrittsgespräche mit Großbritannien zunächst intern vorbereiten. Erst wenn die britische Regierung ihr Austrittsgesuch nach Artikel 50 der EU-Verträge übermittelt habe, werde er die Verhandlungen mit der Regierung in London aufnehmen. Junker zeigte sich überzeugt, dass sein langjähriger Vertrauter der richtige Mann für die Aufgabe ist: Barnier werde "uns helfen, eine neue Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich zu entwickeln, nachdem es die Europäische Union verlassen haben wird".

Nominierung der Kommission hat Gewicht

Die neue britische Regierung hat angekündigt, nicht vor Ende des Jahres den Antrag zu stellen. Bei den Gesprächen dürfte der Finanzplatz London und dessen Zugang zum EU-Markt eine wichtige Rolle spielen. Für die Verhandlungen über die Bedingungen des Brexit sind nach EU-Recht zwei Jahre vorgesehen.

EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte schon Ende Juni mit dem belgischen Diplomaten Didier Seeuws einen eigenen Brexit-Beauftragten benannt. Der Schwerpunkt der Verhandlungen dürfte aber bei der Kommission liegen. Sie verfügt mit ihren 33.000 Mitarbeitern anders als der Rat der Mitgliedstaaten über die nötigen Experten, um die komplizierten Details der Gespräche zu erfassen.

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