Eine Mehrheit des tunesischen Parlaments hat Ministerpräsident Habib Essid am Abend das Misstrauen ausgesprochen. Nur drei Abgeordneten unterstützten den Regierungschef, der die Vertrauensfrage ausgesprochen hatte nachdem er mehrmals von Präsident Beji Caid Essebsi aufgefordert worden war, zurückzutreten und Platz für eine Regierung der Nationalen Einheit zu machen.
Essids Regierung steht nach einer Amtszeit von etwa 18 Monaten nun vor dem Aus. In seiner Rede vor dem Parlament betonte der Ministerpräsident, dass er nicht an der Macht hänge. "Ich stelle heute nicht die Vertrauensfrage, weil ich Ihre Stimmen haben möchte, sondern weil der Wechsel des Regierungschefs nach den Regeln der Verfassung ablaufen soll", sagte Essid. Er verteidigte zwar die Ergebnisse der Arbeit seiner Regierung, machte aber auch klar, dass er im Falle einer Niederlage alles in seiner Macht stehende tun werde, um einen reibungslosen Regierungswechsel vorzubereiten.
Wirtschaftsprobleme und soziale Unruhen
Essids Rückendeckung war wegen Wirtschaftsproblemen und sozialen Unruhen in Tunesien deutlich zurückgegangen. Der nordafrikanische Staat kämpft mit politischer Instabilität, Angriffen von Extremisten, einer hohen Inflation und Arbeitslosigkeit sowie regelmäßigen Streiks. Essids Position wurde durch politische Manöver innerhalb der säkulären Partei Nidaa Tounes (Ruf Tunesiens) untergraben. Sowohl die aus vier Parteien bestehende Regierungskoalition als auch die Opposition hatten ihn kritisiert. Beobachter hatten deshalb mit seiner Niederlage bei der Vertrauensabstimmung gerechnet.
Explizit kritisiert wurden Essid und seine Regierungsmannschaft vor wenigen Wochen von Präsident Essebsi. Der Staatschef schlug damals die Bildung einer nationalen Einheitsregierung vor, um die Krisen des Landes in den Griff zu bekommen. Nach dem Misstrauensvotum gegen Essid will Essebs nun in Absprache mit den Fraktionen des Parlaments einen Nachfolger im Einklang mit der Verfassung ernennen.
Tunesien ist das Mutterland des Arabischen Frühlings und hat den Übergang vom jahrzehntelang regierenden Machthaber Zine el Abidine Ben Ali zu einer Demokratie nach westlichem Vorbild erfolgreich geschafft. Allerdings ist die wirtschaftliche Situation im Land extrem angespannt. Anfang des Jahres kam es zu den schwersten sozialen Unruhen seit der Revolution im Jahr 2011. Derzeit gilt in Tunesien der Ausnahmezustand. Er war Ende November verhängt worden, nachdem bei einem Anschlag in der Hauptstadt Tunis zwölf Mitglieder der Präsidentengarde getötet wurden. Zu dem Anschlag bekannte sich die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS).
Quelle: tagesschau.de
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