Aber das war, bevor Khizr und Ghazala Khan auf den Plan traten. Mit seiner bestenfalls völlig unsensiblen Reaktion auf die Kritik der Eltern eines gefallenen muslimischen US-Soldaten beim Parteitag der Demokraten hat Trump den möglicherweise größten öffentlichen Feuersturm seines bisherigen Wahlkampfes ausgelöst. So nannte die "New York Times" die Konfrontation einen unerwarteten und möglicherweise "ausschlaggebenden Flammpunkt" für der Präsidentschaftswahl im November. Bewahrheitet sich das, hätten ein gebürtiger Pakistaner und seine Frau bewirkt, was politische Gegner bisher nicht geschafft haben: zu zeigen, dass Trumps schrille antimuslimische Rhetorik nicht eine anonyme Gruppe trifft. Sie trifft einzelne Menschen.
Was genau ist passiert? Khizr Khan hatte am Donnerstag vergangener Woche gemeinsam mit seiner Frau auf der Bühne in Philadelphia Trump angeklagt. Der republikanische Spitzenkandidat habe "bisher nichts und niemanden geopfert", hielt er ihm vor. Und Trump solle nur mal nach Arlington gehen, sich auf dem Friedhof die Gräber von US-Soldaten anschauen - Soldaten aller Ethnien und Glaubensrichtungen.
Trump ist dünnhäutig
Es war in der Tat ein massiver Angriff, und Trump gilt ohnehin als dünnhäutig. So holte er, anstatt klug zu schweigen, zum Gegenangriff aus. Trump unterstellte nicht nur, dass seine Rivalin Hillary Clinton hinter der Parteitagsrede stecken könnte. Er mokierte sich unter Rückgriff auf ethnische Stereotypen darüber, dass Khans Frau beim Auftritt in Philadelphia geschwiegen hatte - wie sie später erklärte, weil sie vor Trauer und Emotionen nicht habe sprechen können. Und auch er habe eine Menge Opfer gebracht, sagte der Immobilienmogul und führte in diesem Zusammenhang seine beruflichen Errungenschaften an. Die Erniedrigung gebrochener Eltern, einer Mutter, die ihr Kind verloren hat - so etwas ist eine Kardinalsünde, und da gab es auch aus republikanischen Kreisen harsche Kritik.
Senator Lindsey Graham brachte es im Namen vieler auf den Punkt. "Es gab einmal einige Dinge, die in der amerikanischen Politik geheiligt waren", zitierte ihn die "New York Times". Dinge, die sich nicht gehörten, "wie die Eltern eines gefallenen Soldaten zu kritisieren, selbst wenn sie dich kritisieren. Wenn du Führer der freien Welt sein willst, musst du in der Lage sein, Kritik einzustecken. Und Herr Trump kann das nicht."
Trumps Schadenbegrenzung
Noch lässt sich schwer abschätzen, wie groß der Schaden ist, den sich Trump selber zugefügt hat. Aber der neue Wirbel entstand just, nachdem viele innerparteiliche Kritiker - wenn auch schweren Herzens - damit begonnen hatten, sich mit Trump abzufinden. Während seine demokratische Rivalin Hillary Clinton zum Auftakt der heißen Wahlkampfphase mit einem Bus durch möglicherweise wahlentscheidende Staaten tourte, war Trump das ganze Wochenende mit Schadensbegrenzung beschäftigt - ohne den Schaden zu begrenzen.
Im Gegenteil schien er sich immer tiefer in den Schlammassel zu reden und zu twittern - "als würde er irgendwie überhaupt nicht begreifen, was er da anrichtet", sagte ein CNN-Kommentator geradezu fassungslos. So nannte Trump zwar schließlich den Sohn der Khans einen Helden - aber um gleich einzuschränken, dass der Vater ihn auf dem Parteitag in Philadelphia "bösartig angegriffen habe. "Ist es mir nicht erlaubt zu antworten? Hillary hat (damals) für den Irakkrieg gestimmt, nicht ich!"
Da konnte denn auch der mächtige Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Paul Ryan, nicht mehr länger schweigen. Das Opfer, das Khans Sohn und die Eltern gebracht hätten, verdiene höchsten Respekt, "Punkt", sagte der Republikaner. Nicht, dass die Khans jemanden gebraucht hätten, der für sie spricht. Sie sprachen für sich selbst. Trump wisse nicht, was das Wort Opfer bedeute, schrieb Ghazala Khan in einem Gastbeitrag für die "Washington Post". Ihr Mann rief die amerikanischen Wähler in mehreren Fernsehinterviews auf, sich im November gegen Hass zu entscheiden. Trump habe eine "schwarze Seele".
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