GM Futurliner: Der Bus ist abgefahren

  01 Auqust 2016    Gelesen: 1062
GM Futurliner: Der Bus ist abgefahren
Mit einer futuristischen Roadshow wollte General Motors einst US-Bürger für seine Produkte begeistern. Die Stars waren spezielle Busse, die Futurliner. Einer von ihnen fährt jetzt in Deutschland.

Einer der teuersten Oldtimer der Welt ist kein Sportwagen und auch keine Luxuslimousine. Er ist ein Juwel in einer Oldtimer-Sparte, die sich zwar wachsender Beliebtheit erfreut, sonst aber noch vergleichsweise kleine Preise erzielt: Nutzfahrzeuge. Doch ein Bus toppt beim Wert fast alles - der GM Futurliner.

Der Schmalspurbus ist vor allem deshalb so teuer, weil er so rar ist. Lediglich zwölf Exemplare der futuristisch anmutenden Kreuzung aus Bus und Laster baute General Motors 1939. Der Futurliner transportierte allerdings niemals Fahrgäste. Sondern anderes, für damalige Verhältnisse ziemlich verrücktes Zeug.

Genau 75 Jahre ist es her, da veranstaltete GM in Nordamerika eine pompöse Roadshow, um die neuen Fahrzeuge und Technologien des Herstellers vorzuführen. Die sogenannte "Parade of Progress" startete 1941 in Florida und besuchte danach 250 weitere Städte in den USA, Kanada und Mexiko.

Totalschaden bei der letzten Ausfahrt

Das Spektakel war eine riesige Messe auf Rädern: Die neuesten Errungenschaften aus Forschung und Technik wurden im Inneren der Futurliner-Busse präsentiert. General Motors produzierte damals nämlich nicht nur Autos, sondern auch anderes technisches Gerät wie Mikrowellen oder TV-Geräte. Bis 1956 besuchten elf Millionen Menschen die Parade of Progress.

Danach wurden die Futurliner gespendet oder ausgeschlachtet. Ein Bus hatte bei der letzten Parade einen Totalschaden erlitten, zwei weitere verschwanden auf nicht mehr nachvollziehbare Weise. Sieben bis neun Fahrzeuge sollen heute noch existieren, zwei davon in Europa. Der eine Bus soll in seine Einzelteile zerlegt in Schweden herumliegen.

Der andere steht in einer Werkstatt in Jena.

Der Berliner Oldtimer-Händler ChromeCars hat einen der Showtrucks aufgespürt und lässt ihn gerade in Thüringen restaurieren. "Eigentlich waren wir an einem alten Greyhound Bus interessiert", berichtet ChromeCars-Geschäftsführer Michael Gross. Die Greyhound Lines sind das größte Fernbusunternehmen in Nordamerika, die älteren Fahrzeuge wegen ihrer unlackierten und blank polierten Karosserie ein Hingucker.

Schwierige Verhandlungen mit dem Verkäufer

Auf den Futurliner stieß das Team bei der Recherche durch Zufall und war sofort "infiziert", wie sich Gross erinnert. Die Verhandlungen mit dem Verkäufer begannen. Wieviel sie am Ende bezahlten, will Gross nicht verraten. Ein Schnäppchen wird der seltene Bus aber vermutlich nicht gewesen sein: Der letzte Futurliner, der öffentlich verkauft wurde, erzielte 2006 einen Preis von mehr als vier Millionen Dollar.

In den Folgejahren bot der Kalifornier den Futurliner Nummer 9 immer wieder einmal zum Verkauf an. Wirklich trennen konnte er sich am Ende aber nie. Auch das Team von ChromeCars führte schwierige Verhandlungen: "Valdez versuchte immer wieder, den Preis nach oben zu korrigieren", berichtet Michael Gross. "Irgendwann hatte er aber verstanden, dass der Bus bei uns in gute Hände kommt und wir konnten uns einigen", sagt Gross.

Der Futurliner wurde von Los Angeles nach Bremerhaven verschifft. Nach einer Stippvisite beim Goodwood Revival in England ging es zurück nach Deutschland und per Tieflader nach Jena.

Der neue Trend: Big is Beautiful

Die Fachzeitschrift "Auto Bild Klassik" hat den seltenen Bus als einen der Sensationsfunde des Jahres erkoren. Alte Lkw und Busse, der neue Hype auf dem überhitzten Oldtimer-Markt?

"Der Trend geht zu besonderen Fahrzeugen, auch großen", meint Michael Gross. Als Indiz wertet er die stark gestiegenen Preise etwa für historische Renntransporter oder alte Reisebusse wie den Mercedes O319, dem Lastenesel aus der Wirtschaftswunderzeit.

Fieberhaft fahnden Fans auch nach dem WM-Bus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft von 1974, Sein Schicksal ist seit langer Zeit ungeklärt, im Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart steht nur eine Nachbildung. Vor Kurzem tauchten nun Bilder vom angeblichen Original in Teheran in Iran auf. Eine Fälschung?

Dass der GM Futurliner, der in Jena restauriert wird, echt ist, daran hat Gross keine Zweifel. Auf die Frage, welche Macken der Bus habe, antwortet Geschäftsführer Gross: "Generelle Servicearbeiten, die ein Oldtimer immer benötigt." Ob der Innenraum so bleibt, ist noch nicht entschieden. Zunächst soll er aufgefrischt werden, um die Art-déco-Bar funktionsfähig zu machen.

Was die Karosse betrifft, sei auch nur eine kosmetische Überholung geplant. "Wir lieben unberührtes, gelebtes Blech", betont Gross, "die limitierten Exemplare, die Unikate, die Geschichten."

Anfang August kann sich die Öffentlichkeit ihr eigenes Bild machen. Dann wird GM Futurliner Nummer 9 bei den Classic Days am Schloss Dyck (5. bis 7. August) im Rheinland präsentiert.

Quelle: spiegel.de

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