Türkei: Ankara lässt sich Identitätspolitik im Ausland mehrere Milliarden kosten

  15 Auqust 2016    Gelesen: 596
Türkei: Ankara lässt sich Identitätspolitik im Ausland mehrere Milliarden kosten
Dass viele türkische Einwanderer in Europa sich immer noch mit der Türkei identifizieren, könnte auch die Folge gezielter Kulturarbeit Ankaras im Ausland sein. Ein Haushaltsentwurf für 2014 sah allein über vier Milliarden TL (1,4 Mrd. Euro) für Maßnahmen vor, die im Bereich der Identitätspolitik anzusiedeln sind.
Türken sollen Türken bleiben – und Ankara bezahlt dafür. Die hohen Beliebtheitsraten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in den türkischen Einwanderercommunitys zahlreicher EU-Länder und eine von Politikern beklagte fehlende Integrationsbereitschaft, die nicht zuletzt durch eine starke Identifikation mit der türkischen Heimat der Vorfahren bedingt ist, könnte auch ein Resultat offensiver kulturpolitischer Interventionen Ankaras in eigener Sache sein.

Die türkische Regierung wendet einen Milliardenetat für Kultur- und Identitätspolitik im Ausland auf. Dies hat eine Quelle aus dem Finanzministerium unter der Zusicherung der Anonymität gegenüber NEX bestätigt. Nicht weniger als vier Milliarden TL (ca. 1,4 Mrd. Euro) soll Ankara demnach im Etatentwurf für 2014 für Einrichtungen und Zwecke vorgesehen haben, deren Ziel es ist, die türkische Sprache und Kultur zu verbreiten und vor allem unter im Ausland lebenden türkischen Einwanderern die Verbundenheit zu den eigenen Wurzeln nicht abreißen zu lassen.

Mehr als die Hälfte des Etats ist für Empfänger in jenen westeuropäischen Staaten bestimmt, in denen die meisten Auslandstürken leben – wie Deutschland, Österreich, die Schweiz, die Niederlande oder Frankreich. Die Lobbyarbeit läuft dabei unter anderem über reguläre Etatmittel für die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), aber auch über Zuwendungen für Organisationen wie die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) oder Posten für die Medienarbeit, die vor allem durch Publikationen des staatsnahen Turkuvaz-Medienpools betrieben wird.

Auch in der Öffentlichkeit bislang weniger stark in Erscheinung getretene Vereinigungen wie die „Koalition der Freunde Deutschlands“, die „Türkische Willkommensvereinigung“ oder die „Adnan-Menderes-Stiftung“ spielen zumindest bei der Distribution von Finanzmitteln an Think Tanks oder Einzelakteure oder an Zwecke eine Rolle, die sich hinter global umschriebenen Posten wie „Bildungs- und Wissenschaftszusammenarbeit“ oder „Sonstige Belange“ verbergen und für die nicht weniger als 647 Mio. TL vorgesehen sind (ca. 230 Mio. Euro).

Ob sich darunter auch Hilfen für die jüngst gegründete politische Partei „Allianz Deutscher Demokraten“ (ADD) oder für Social-Media-Projekte verbergen, wollte die Quelle nicht kommentieren. Ein zweistelliger Millionenbetrag ist aber in jedem Fall für Zwecke wie die Pflege türkisch-osmanischer Kochkultur oder dem Betrieb von Einrichtungen vorgesehen, die sich der Musik oder dem Sport verschrieben haben. Wie die Quelle aus dem Finanzministerium erklärte, könnte auch die Entscheidung vieler türkischer Fußballtalente, die in europäischen Vereinen ausgebildet werden, international für die Türkei statt für Deutschland, Österreich oder die Schweiz spielen, mit der aktiven Kulturarbeit der türkischen Regierung zu tun haben.

Quelle:nachrichtenxpress

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