Am Donnerstag hat der „2016 Presidential Cookie Poll“ der Heim- und Kochzeitschrift „Family Circle“ begonnen, eine Umfrage, für welche die Ehepartner der Präsidentschaftskandidaten ihr Lieblingsrezept für Kekse einreichen. Die Nation begutachtet sie, bäckt nach und entscheidet. Der republikanische gegen den demokratischen Cookie, nur einer macht das Rennen. Die Wahlkampfentscheidung der Amerikaner, sie geht durch den Magen, und das schon in der siebten Saison.
Hillary Clinton gewann den Backwettbewerb gegen Barbara Bush
Besonders der Bewerberin Hillary Clinton dürfte die Tradition geläufig sein, war sie doch deren unfreiwillige Begründerin. Während des Wahlkampfs ihres Ehemannes Bill 1992 verteidigte sich die damalige Kandidatengattin gegen Vorwürfe mancher Kritiker, sie treibe lieber die eigene Karriere voran, statt ihrem Mann ganz exklusiv den Rücken zu stärken: Sie hätte auch „zu Hause bleiben, Kekse backen und zum Tee einladen können“, so der Konter der First Lady in spe, mit der sie eine Welle der Empörung auslöste. Wenig später kam „Family Circle“ auf die Idee, einen „bake-off“ zwischen Hillary Clinton und Barbara Bush zu veranstalten. So kam es zum ersten Backwettbewerb.
Wie hätte sich Clinton einer Teilnahme damals auch entziehen können, bedeutete sie doch die öffentliche Absolution und die Rückkehr in den politisch korrekten Olymp der First-Lady-Anwärterinnen. Clinton ließ wissen, sie habe den Wettkampf zwar nicht gesucht, wolle ihn nun aber auch gewinnen. Also reichte sie ein Cookie-Rezept ein - und gewann damit prompt gegen Barbara Bush, die auf halber Strecke vergeblich versucht hatte, an ihrem eigenen Rezept nachträgliche Verbesserungen anzubringen.
Aus dem einmaligen bake-off wurde Tradition. Seither haben sie alle ihre Rezepte eingereicht und gerne so getan, als gäben sie wohlgehütete Familiengeheimnisse preis. Michelle Obama präsentierte 2012 die Rezeptur für „Michelle Obama’s White and Dark Chocolate Chip Cookies“ und gewann nur mit knappem Vorsprung gegen „Ann Romney’s M&M Cookies“. Tipper Gore, damalige Ehefrau von Al, unterlag im Jahr 2000 gegen „Laura Bush’s Texas Governor’s Mansion Cowboy Cookies“, deren Rezeptur überzeugender gewesen sein muss, als ihr Name vermuten lässt.
Wer nun meint, die Keksumfrage sei nur Ausgeburt eines belächelnswerten Hausfrauenpatriotismus, könnte sich irren. Es scheint, als könne das Ergebnis weit mehr Aussagekraft besitzen als die meisten Umfragen. Denn mit nur einer Ausnahme im Jahr 2008 ist bisher jeder Präsident ins Weiße Haus eingezogen, dessen Partner zuvor für ihn den Wettbewerb gewann. In diesem Jahr stehen sich nun Melania Trump und Bill Clinton - als erster männlicher Teilnehmer des Backduells - gegenüber. Melania wartet mit „Melania Trump’s Star Cookies“ auf, Bill schickt die „Clinton Family’s Chocolate Chip Cookies“ ins Rennen.
Doch welches Rezept ist mehrheitsfähig? Christian Hümbs, Chef-Patissier des Restaurants „Haerlin“ im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg und Jurymitglied der Sat-1-Sendung „Das große Backen“, hat sich für uns die Rezepte beider Parteien angesehen. Ohne zu wissen, welcher Keks zu welchem der beiden politischen Lager gehört, hat der Patissier, der in seiner Spezialität auch schon zweimal „Liebling des Jahres“ der F.A.Z. war, einen klaren persönlichen Favoriten: „Der Cookie mit Schokolade spricht mich mehr an“, so Hümbs. „Die Zutaten ergänzen sich gut, und ihr Zusammenspiel ist interessanter. Die Schokolade gibt dem Keks noch mal eine andere Textur und verhindert, dass er insgesamt zu trocken wird.“
Volksnah sind nach Hümbs’ Meinung jedoch beide Kekssorten: „Es sind beides Klassiker und sehr einfache Rezepte. Der sternförmige Keks ist vielleicht noch etwas simpler, weil überhaupt keine ausgefallenen Komponenten enthalten sind.“ Der Cookie mit Schokolade habe insgesamt mehr Klasse, da einen interessanteren Geschmack, mehr Biss und sei zudem der modernere der beiden. „Ich denke, der Keks mit Schokolade ist mehrheitsfähig“, so Hümbs. „Der Cookie in dieser Form ist nicht bloß ein Trend, er hat sich etabliert. Ein fester Platz in der Plätzchenwelt ist ihm mittlerweile sicher.“
Melania Trump verzichtet auf Haferflocken und Schokolade
Nachdem er erfahren hatte, welches Rezept von wem stammt, zeigte sich Hümbs erleichtert: „Gott sei Dank! Da die Tendenz statistisch gesehen ja anscheinend dahin geht, dass der interessantere Cookie über die Wahl entscheidet, hatte ich gehofft, dass das Schoko-Cookie Rezept von der Clinton-Familie stammt und nicht von den Trumps.“
Derweil munkeln auch amerikanische Medien, Melania Trumps Entscheidung, auf Haferflocken und damit auf eine Lieblingszutat der Amerikaner zu verzichten, könne sie aus dem Rennen katapultieren. Aber auch Bill Clintons Keks lässt zu wünschen übrig. Besonders weil das Rezept nicht von ihm stammt. Es ist das bereits 1992 von Hillary eingereichte Originalrezept. Das ist nicht nur langweilig; Bill hat damit außerdem die Chance verpasst, der Hausfrauen-Challenge ihren fragwürdigen Fünfziger-Jahre-Charme auszutreiben.
Auf der Facebook-Seite von „Family Circle“ kann man noch sechs Wochen lang über die Backkünste aus dem Hause Clinton und Trump abstimmen. Wer die Entwicklung des Wahlkampfes verfolgt, kann sich das Ergebnis des „Presidential Cookie Poll“ am 4. Oktober anschauen. Bis dahin heißt es in allen 50 Bundesstaaten nun: Ran an die Förmchen. Make America bake again! Im Moment liegt Clinton vorn. Mit 896 zu 269 Stimmen.
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