Die besten Momente der Deckeldrauf-Fete waren also: Die blinkenden Schuhsohlen der Sportlerinnen und Sportler aus Großbritannien, die Massenchoreografie mit den tanzenden Brokkolis und der als Super Mario hergerichtete und aus einer Röhre emporgefahrene japanische Ministerpräsident Shinzo Abe. Jaja, ruhig Blut: Ganz knapp dahinter natürlich die spitzenklöppelnde Omagruppe.
Erstens: Die Blinkschuhe. Sie brachten ein auflockerndes Ballaballa-Element in den sich etwas hinziehenden Strom gemächlich ins Stadion schlendernder Sportlerinnen und Sportler. Abwechselnd leuchteten sie blau, weiß, rot, und der innere Achtjährige in jedem Zuschauer krähte begierig auf. Das ist also diese Wearable Technology, von der man jetzt immer hört, dachte man sich zu Hause in semiinformiertem Wohlgefallen, und der Nutzen, den beleuchtbare Schuhsohlen ihrem Träger so bringen, wurde ja direkt eindrucksvoll von den Briten demonstriert: Man kann die Schuhe nämlich ausziehen und wie klobige Leuchtstäbe über dem Kopf schwenken, wenn einem mal besonders feierlich zumute wird. Das ist die Zukunft, ganz klar.
Vollversammlung der Minions
Ansonsten war der Einmarsch der olympischen "Heldinnen und Helden", wie er so ulkig genannt wurde, denkbar unspektakulär, feixend zogen sie an den Kameras vorbei, bissen nochmal übermütig in ihre Medaillen, trugen wegen des fortwährenden Regens teilweise vernünftige, durchsichtige Ponchos, wirkten teilweise wie gerade warmlaufende Junggesellenabschiedsgruppen und filmten und selfieten, was das Zeug hielt. "Sicher für die Verwandtschaft", mutmaßten die ZDF-Kommentatoren niedlich, womöglich aber doch für Snapchat und Instagram.
Zweitens: Die Brokkoli-Tanzszene. An Massenchoreografien mangelte es, korrespondierend zur Eröffnungsfeier, auch bei der Schlusszeremonie an keiner Stelle: Zum Auftakt bildeten sehr viele Menschen in Papageienkleidung Wahrzeichen Rios nach, Sambasänger sangen dazu, wie eigentlich fast fortlaufend. Nur zwischendurch trat mal ein 27-köpfiger Kinderchor auf, dessen Mitglieder beleuchtbare LED-Jäckchen trugen, womit sie ungefähr so aussahen, wie man sich vorstellt, dass Kanye West seine Kinder anziehen würde, und sangen die Nationalhymne.
Manchmal wimmelte es auf dem Rasen des Maracanã-Stadions wie bei einer Vollversammlung der Minions, wenn beispielsweise mittels bemalter und herumgeschwenkter Dachpappen die künstlerische Bedeutung prähistorische Höhlenmalereien vermittelt werden sollte. Oder an die selbstverständlich jedermann geläufige brasilianische Kunsthandwerks-Tradition des Spitzenklöppelwesens erinnert wurde. Ein leicht surrealer Moment, morgens um 2:20 Uhr.
Die tanzenden Brokkolis wirkten zwischen all diesen Nummern erfreulich selbsterklärend. Obwohl man, wenn man kurz sekundenschläfrig weggenickt war und die Anmoderation verpasst hatte, nicht sicher sein konnte, ob die kugelig-bepuschelten Kostüme in Wahrheit nicht die Blüte der Pudelzucht im brasilianischen Nordosten feiern sollten. Ohnehin war im ZDF-Kommentar sehr oft von dieser geheimnisvollen Region die Rede, aus der quasi sämtliche Tänze, kulturellen Verlustierungen und sonstigen erwähnenswerten Errungenschaften des Landes zu stammen scheinen.
Drittens: Shinzo Abe in Klempnermütze. Den offiziösen Teil fürchtet man bei derlei Veranstaltungen ja ebenso sehr, wie man ihn herbeisehnt: Einerseits neigt sich, wenn die alten Männer sprechen, dann nämlich die Zeremonie ganz klar dem Ende zu, andererseits wirken die politischen und vor allem militärischen Riten in all dem vorausgegangenen Trullala doch sehr antiquiert und fremd.
Mit allerlei Fahnen wurde also hantiert, die griechische gehisst, die olympische an die Bürgermeisterin von Tokio übergeben, dem nächsten olympischen Gastgeber. Und weil in einem kleinen Einspieler Super Mario als animierte Figur in Japan in eine Röhre kletterte, kam also der japanische Ministerpräsident Abe am anderen Ende in Rio mit Klempnermütze heraus.
Ein angenehm alberner Kontrapunkt zu den salbungsvollen Reden von Organisationskomitee-Präsident Carlos Arthur Nuzman und IOC-Präsident Thomas Bach (im Liveticker des britischen "Telegraph" zusammenfassend sehr hübsch als "big cheese" benannt).
"Die Tänzer bewegen sich zum Rhythmus der Musik", hievten sich die Kommentatoren dann über die Zeit, bis Bach endlich ein Einsehen hatte und die Spiele beendete. Die Flamme erlosch, die Britenschuhe blinkten noch.
Quelle : spiegel.de
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