In der Nacht zum Freitag soll es einen landesweiten „Cacerolazo“ geben. Dabei wird zum Zeichen des Protests mit Kochlöffeln oder Topfdeckeln heftig auf Pfannen und Töpfe geschlagen. Mit den Aktionen soll erreicht werden, dass das von der Opposition angestrengte Referendum zur Abwahl des Präsidenten noch in diesem Jahr und nicht erst 2017 stattfindet.
Die Opposition hatte Anfang Mai weit mehr als die für die erste Etappe zur Erzwingung einer Volksabstimmung erforderlichen 200.000 Unterschriften eingereicht. Die regimetreue nationale Wahlbehörde CNE gab Ende August einen Zeitplan heraus, der die zweite Etappe der Unterschriftensammlung auf Ende Oktober festlegte und die Abhaltung des Referendums bis 2017 verzögern könnte. Maßgebliche Politiker der regierenden Sozialisten haben mehrfach versichert, dass die Volksabstimmung nicht vor Ende Januar abgehalten werden kann. Im Falle eine Abwahl Maduros würden dann der sozialistische Vizepräsident Aristóbulo Istúriz die Amtsgeschäfte bis zum Ende von Maduros Mandat im April 2019 übernehmen.
Über die Zahl der Teilnehmer an dem Protestmarsch in der venezolanischen Hauptstadt sowie in anderen Städten des Landes gab es widersprüchliche Angaben. Maduro sagte bei einer Gegendemonstration von Regierungsanhängern in Caracas, die Opposition habe allenfalls 30.000 Menschen mobilisieren können. Er kündigte für den Abend einen Kinobesuch mit seiner Frau in einem Einkaufszentrum an, vor dem die Opposition am Nachmittag eine Kundgebung abgehalten hatte. Der Cheforganisator der zum Oppositionsbündnis MUD gehörenden Partei „Primero Justicia“, Juan Guaido, sagte am Nachmittag, dem Aufruf der Opposition seien Hunderttausende gefolgt.
Es sei durchaus möglich, dass die von der Opposition angestrebte Zahl von landesweit 1,2 Millionen Demonstranten erreicht werde, da sich die Proteste nicht auf einen Punkt in Caracas konzentriert hätten. Film- und Fotoaufnahmen vom Demonstrationszug im Osten der Hauptstadt, einer Hochburg der Opposition, zeigten deutlich mehr Teilnehmer an dem Protestmarsch als bei den vom MUD organisierten Demonstrationen der vergangenen Monate.
Die Regierung hatte nach eigenen Angaben rund 10.000 Sicherheitskräfte mobilisiert, um Zusammenstöße zwischen Gegnern und Anhängern des Regimes zu verhindern. Die Opposition beklagte, vor dem Beginn der Demonstration am Donnerstagmorgen seien mehrere Oppositionspolitiker festgenommen worden. Oppositionsführer Henrique Capriles, der am Nachmittag bei der Hauptkundgebung in Caracas sprach, berichtete von zwei verhafteten oppositionellen Bürgermeistern. Zudem seien viele Busse mit Demonstranten von der Polizei an der Fahrt in die Hauptstadt gehindert worden. Mehrere internationale Journalisten, die über die Proteste hatten berichten wollen, waren seit Wochenbeginn am Flughafen von Caracas vorübergehend festgenommen und sodann des Landes verwiesen worden.
Gegendemonstranten aus Staatsunternehmen
Im Osten von Caracas schwenkten die meist weiß gekleideten Demonstranten venezolanische Flaggen und trugen Plakate mit Slogans wie „Wechsel“ oder „Referendum jetzt“. An Maduro gerichtet riefen sie: „Er wird fallen! Diese Regierung wird fallen!“ sowie „Venezuela verhungert!“. MUD-Generalsekretär Jesús Torrealba sagte, das Volk habe gezeigt, dass es „den Wandel“ wolle und werde sich sein Recht auf friedliche Demonstrationen nicht nehmen lassen, bis es sein Ziel erreicht habe.
Das Oppositionsbündnis hatte bei den Parlamentswahlen vom Dezember die Zweidrittelmehrheit der Sitze in der Nationalversammlung errungen. Die Regierung und die regimetreuen Gerichte ignorieren jedoch die vom Parlament verabschiedeten Gesetze. Im Zentrum von Caracas marschierten hingegen mit ihren roten Hemden und Mützen die als „Chavistas“ bezeichneten Anhänger Maduros und des im März 2013 verstorbenen Revolutionsführers Hugo Chávez. „Das Volk ist mit dir“, rief die überschaubare Menge an Maduro gerichtet. Zu der Demonstration der „Chavistas“ waren tausende Angestellte von Staatsunternehmen sowie der öffentlichen Verwaltungen abkommandiert worden. Wegen der Demonstrationen waren am Donnerstag die meisten Geschäfte und Büros geschlossen.
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