Mit Kopftuch findet man schwerer einen Job

  20 September 2016    Gelesen: 634
Mit Kopftuch findet man schwerer einen Job
Kopftuchträgerinnen müssen bei gleicher Qualifikation viermal so viele Bewerbungen schreiben wie Frauen ohne Kopftuch. Auch bestimmte Namen wirken sich negativ aus.
Kopftuchträgerinnen werden auf dem deutschen Arbeitsmarkt nach wie vor stark benachteiligt. Eine Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit zeigt, dass sie mehr als viermal so viele Bewerbungen schreiben müssen, um die gleiche Zahl an Einladungen zu Vorstellungsgesprächen zu erhalten wie gleichwertig qualifizierte Frauen ohne Kopftuch.

In einem Feldversuch hatte eine Forscherin des Instituts 1500 fiktive Bewerbungen an Unternehmen in Deutschland geschickt und die Rückmeldungen der Personalabteilungen analysiert. Das Ergebnis: Selbst hier aufgewachsene Bewerberinnen mit besten Deutschkenntnissen und deutscher Bildungs- und Ausbildungsbiografie werden erheblich benachteiligt, wenn sie einen türkisch klingenden Namen haben und noch dazu ein Bewerbungsfoto mit Kopftuch vorlegen.

Sandra Bauer wirkt kompetenter als Meryem Öztürk

Während auf Bewerbungen mit einem typisch deutschen Namen (Sandra Bauer) in 18,8 Prozent der Fälle eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch folgte, erhielten von den identischen Bewerbungen mit einem türkischen Namen (Meryem Öztürk) nur 13,5 Prozent eine positive Rückmeldung. Wenn die fiktive türkischstämmige Bewerberin zusätzlich noch ein Kopftuch auf dem Bewerbungsfoto trug, sank die Rate für eine positive Antwort auf 4,2 Prozent. Erst nach 4,5-mal so vielen Bewerbungen kommt bei ihr ein Bewerbungsgespräch zustande.

Die Größe oder internationale Ausrichtung der angeschriebenen Firmen machte bei den Ergebnissen keinen Unterschied. Ob in der Ausschreibung Wert auf gutes Deutsch oder Erfahrung mit Kunden- oder Mitarbeiterkontakt gelegt wurde, wirkte sich ebenfalls nicht aus.

Je höher die Stelle, desto höher die Diskriminierung

Unterschiede zeigten sich aber bei der Art der ausgeschriebenen Stellen. So nahm die Diskriminierung mit steigendem Qualifikationsniveau zu: Für eine Stelle in der Bilanzbuchhaltung musste die kopftuchtragende Meryem Öztürk 7,6-mal mehr Bewerbungen verschicken als Sandra Bauer, während bei der Bewerbung um eine Stelle als Sekretärin die Ungleichbehandlung bei einem Faktor von 3,5 lag.

Bei der Erstellung der fiktiven Bewerbungsfotos wählte die Forscherin eine moderne Art der Kopftuchbindung, mit der das Gesicht der Kandidatin gut sichtbar und der Hals nur teilweise bedeckt war. Dies sollte signalisieren, dass die Bewerberin ihre Religion nicht streng interpretiert. „Im Westen wird das Augenmerk stets auf die Situation von Frauen in muslimischen Kulturen gerichtet, selten jedoch beschäftigen wir uns mit der Diskriminierung von Musliminnen durch die westliche Gesellschaft“, sagt die Forscherin. Angesichts der aktuellen Migrationsströme sei es politisch unerlässlich, die enormen Schwierigkeiten abzubauen, denen muslimische Kandidatinnen ausgesetzt sind, wenn sie sich im deutschen Arbeitsmarkt integrieren wollen.


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