Klopp gesteht Probleme mit dem Fußball in England
Ob er nicht unfair gegenüber seinen Spielern gewesen sei. Klopp hatte am Wochenende kritisiert, dass seinem Team nach dem späten Ausgleichstor gegen den FC Southampton der Mut gefehlt habe.
Nun bemühte sich der Deutsche sichtlich, seine Worte wieder einzufangen. Nein, er sei da falsch verstanden worden. Er habe seine Spieler nicht kritisiert, lediglich eine gewisse Spannungslosigkeit in der Körpersprache seiner Mannschaft festgestellt. "Ich denke, das Problem sind vielmehr meine Sprachkenntnisse. Ich habe einfach nicht genügend Vokabeln, um auch die kleinen, sprachlichen Nuancen deutlich zu machen", sagte Klopp. Und schaute dabei angemessen zerknirscht.
Seine Sprache, sonst das Aushängeschild des Alleinunterhalters Klopp, verfängt in England noch nicht wie gewohnt. Seine unwiderstehliche Jovialität verpufft, die verbalen Schnellschüsse aus der Hüfte zischen ins Leere.
Die Gelöstheit der ersten Auftritte an der Anfield Road ist denn auch nach drei Unentschieden in Folge und spielerisch sehr durchwachsenen Auftritten seines Teams verflogen. "Es tut mir leid, aber es ist schwierig", sagte er.
Mühevolle Kleinarbeit
Hatte Jamie Carragher, Liverpool-Legende und TV-Experte, nach dem Spiel am Wochenende Klopps Team noch als "Kirchenchor" verhöhnt, attestierte der Teammanager seiner Elf dagegen einen rasanten Entwicklungsprozess. "Ich bin überrascht, wie groß die Fortschritte sind, die das Team macht. Damit das aber auch in der Öffentlichkeit ankommt, benötigen wir Siege."
Am Mittwoch bietet sich in der Pokalpartie gegen den Aufsteiger AFC Bournemouth die nächste Gelegenheit. Ein Unentschieden wird es dieses Mal nicht gegeben. Soviel steht fest.
Drei Wochen ist Klopp jetzt im Amt, und Wunderdinge haben sich bislang nicht eingestellt. Wie auch? Borussia Dortmunds früherer Trainer hat an der Mersey ein verunsichertes Team mit vielen Verletzten und ohne klares spielerisches Konzept übernommen.
Zwar hat Klopp viele teure Stars im Aufgebot, die enorme Qualität ins Spiel bringen können, der Trainer muss sie jedoch erst in mühevoller Kleinarbeit in ein funktionierendes System packen. "Wir müssen lernen zu verstehen, warum die Dinge so laufen, wie sie laufen", versuchte Klopp seine Aufgabe zu umschreiben. "Aber mir ist klar, dass wir dafür nicht allzu viel Zeit haben."
Klopps Probleme mit den Regeln
Wie aufs Stichwort legte ein Reporter sogleich den Finger in die Wunde. Wie lange dieser Lernprozess denn dauern werde, wurde Klopp gefragt. "Nun, das einzige Problem, das ich momentan habe, ist die Tatsache, dass ich den ganzen Tag vor der Presse hocken und mich erklären muss." Klopp mag seiner Sprachmächtigkeit beraubt sein, wehrlos ist er deswegen noch lange nicht.
Und die Umstellung auf die Kultur seiner neuen Wahlheimat erweist sich auch schwieriger als gedacht. Klopp offenbarte gewisse Verständnisprobleme für die einheimischen Gepflogenheiten. "Ich bin nicht lange genug hier, um die Bedeutung der englischen Cup-Wettbewerbe zu verstehen", sagte er. Und: "Für mich ist es immer dasselbe: Ich will Spiele gewinnen." Auch die Regeln bei der Ausleihe von Spielern habe er "nicht alle verstanden", gab Klopp zu, "das ist in Deutschland völlig anders".
Sein Klub kündigte unterdessen an, aufrüsten zu wollen. Von Januar an plant Liverpool den Ausbau der Kapazität seines Stadions um 8500 Plätze auf dann 54.000 Zuschauer. Die Arbeiten sollen im Laufe der Saison 2016/2017 abgeschlossen sein. Es soll eine der größten Einzeltribünen im englischen Fußball werden. Jürgen Klopp wird`s freuen. Die größte Einzeltribüne Deutschlands kennt er ja schon ganz gut.