Die meisten Flüchtlinge landen in armen Ländern

  04 Oktober 2016    Gelesen: 503
Die meisten Flüchtlinge landen in armen Ländern
Über die Hälfte aller Flüchtlinge lebe in nur zehn Staaten, und die reichen Länder würden ihrer Verantwortung nicht gerecht, mahnt Amnesty International. Deutschland sei eine positive Ausnahme.
Amnesty International hat die reichen Länder aufgefordert, deutlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Nur zehn vorwiegend arme Länder nehmen nach einem an diesem Dienstag vorgelegten Bericht der Menschenrechtsorganisation mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge weltweit auf. Unter diesen Ländern ist kein einziges EU-Mitglied und kein Staat aus der Gruppe der sieben führenden Industrieländer (G-7). Zuflucht fanden die meisten Menschen stattdessen im Nahen Osten, Afrika, Asien und der Türkei – in Ländern, die direkt an Konfliktgebiete angrenzen und zusammen für gerade einmal 2,5 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung stehen.

Der Amnesty-Report stützt sich auf Daten der Vereinten Nationen und geht von 21 Millionen Flüchtlingen weltweit aus. Binnenvertriebene, also Flüchtlinge im eigenen Land, wurden dabei nicht berücksichtigt. Auch Asylbewerber, die noch nicht als Flüchtlinge anerkannt sind und deren Zahl in Deutschland in die Hunderttausende geht, fallen nicht darunter.

Jordanien nimmt die meisten Menschen auf

An der Spitze steht dem Report zufolge Jordanien mit 2,7 Millionen Flüchtlingen, von denen gut zwei Millionen Palästinenser seien und schon seit Jahrzehnten in dem Land lebten. Dahinter folgt die Türkei mit über 2,5 Millionen Flüchtlingen, vor allem aus Syrien. An dritter Stelle steht Pakistan (1,6 Millionen). Es folgen Libanon, Iran, Äthiopien, Kenia, Uganda, die Demokratische Republik Kongo und der Tschad.

Diese zehn Länder nehmen weltweit die zahlenmäßig meisten Flüchtlinge auf.
Diese zehn Länder müssten wegen ihrer Nähe zu Konfliktgebieten „viel zu viel tun“, kritisierte Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty. Auch für die Flüchtlinge, die vor Krieg und Unterdrückung in Ländern wie Syrien, Afghanistan, dem Irak und dem Südsudan geflohen seien, sei die Situation „unhaltbar“. In den Aufnahmeländer litten sie oft wieder unter „unerträglichem Leid und Elend“.

Geld allein reicht nicht

Er warf den wohlhabenden Staaten vor, ihrer Verantwortung nicht gerecht zu werden. Finanzielle Hilfen für die Aufnahmeländer seien nicht genug. Das Problem sei nicht die weltweite Zahl der Flüchtlinge, sondern die Tatsache, dass die reichen Länder nur so wenige Schutzsuchende aufnähmen, erklärte Shetty. Die Organisation rief deshalb zu einer gerechteren Verteilung auf. Diese solle sich an objektiven Eigenschaften der Aufnahmeländer orientieren.

In dem Bericht wird Deutschland als positive Ausnahme hervorgehoben. Es stelle sich, wie auch Kanada, der Herausforderung. Als einziges europäisches Land habe Deutschland vergangenes Jahr Führung gezeigt, die der Lage angemessen gewesen sei.

Amnesty verdeutlichte die Diskrepanzen am Vergleich von Libanon und Neuseeland. Beide Länder hätten ungefähr dieselbe Bevölkerungszahl, das Wirtschaftswachstum und die Fläche von Neuseeland, seien aber viel größer. Dennoch beherberge der Libanon mehr als 1,1 Millionen syrische Flüchtlinge, während Neuseeland nur 250 von ihnen aufgenommen habe. Würden objektive Kriterien angelegt, müsste Neuseeland 3.466 Flüchtlinge aufnehmen. Auch dies sei eine „handhabbare Zahl“, erklärte Amnesty.


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