Allerdings müssen sich die Skandinavier beim Kampf um den größten Kofferraum schon geschlagen geben. Der Volvo kommt bei umgelegter Rückbank nur noch auf ein Ladevolumen von 1526 Liter. Das sind satte 294 Liter weniger als im Stuttgarter T-Modell. Nun mag die Argumentation, dass man einen Premium-Kombi in den heutigen Zeiten nicht mehr als Kleinlaster benutzt, durchaus gelten, aber letztlich gilt hier: Was man hat, das hat man, auch wenn man es eigentlich gar nicht braucht.
Nicht ganz überzeugend
Kleiner fällt bei Volvo auch der Hubraum der Motoren aus. Die Schweden haben sich bei ihren Aggregaten einzig und allein auf Vierzylinder kapriziert. Die Einstiegsvariante bei den Benzinern bildet der T5 mit Turbo-aufgeladenen 254 PS und 350 Newtonmetern Drehmoment. Das hört sich gewaltig an und sollte eigentlich auch ausreichen, um den 1,8 Tonnen schweren Fronttriebler flott voranzutreiben. Das funktioniert aus dem Stand auch ganz prima. In 7,0 Sekunden ist im Sportmodus das Landstraßentempo erreicht und das Datenblatt verspricht eine Endgeschwindigkeit von 230 km/h.
Problematisch ist, dass dem Vierzylinder die spontane Kraftentfaltung aus der schnellen Bewegung abgeht. Ab Tempo 150 fehlt beim beherzten Tritt auf den Pin ein spürbarer Vortrieb. Zwar schaltet die in Serie verbaute 8-Gang-Automatik sanft und ohne Ruckeln zurück, aber statt zackig anzuschieben, dreht der Motor etwas angestrengt hoch und gibt dem Kombi weniger Druck, als man ihn bei 254 Pferdestärken erwartet. Insofern ist der Weg bis zur angesagten Endgeschwindigkeit ein recht langer. Wer im Bereich der Benziner also sportliche Ambitionen hegt, der sollte einen Blick auf den T6 werfen. Der generiert dank Kompressoraufladung aus dem Vierzylinder 320 PS, leitet 400 Newtonmeter auf alle vier Räder und lässt den großen Schweden in 6,1 Sekunden aus dem Stand an der 100 km/h-Marke vorbeiziehen.
Absolut ausgewogen
Zu bedenken ist allerdings, dass der T6 AWD mit 60.600 Euro gleich 7600 Euro teurer ist als der T5. Das lässt die 57.500 Euro, die es für einen D5 AWD zu berappen gilt, gleich wieder in einem anderen Licht erscheinen. Denn mit dem großen Diesel ist den Schweden wohl das ausgewogenste Paket in der V90-Reihe gelungen. Die Grundlage für das Triebwerk bildet auch hier ein Reihenvierzylinder mit zwei Litern Hubraum. Der wird aber von zwei Turboladern beatmet und schließt ein etwaig entstehendes Turboloch durch einen zusätzlichen Kompressor. Der wirkt bis zu einer Drehzahl von 3500 Umdrehungen als Auflade-Aggregat, das die Zylinder in Zehntelsekunden mit Luft beamtet.
Für den Fahrer hat das den Vorteil, dass auch im niedrigen Drehzahlbereich kein Verzug bei der Kraftentfaltung entsteht. Die 235 PS sind damit spürbar verfügbar und auch das Drehmoment von 480 Newtonmetern liegt stringent an. Nach Datenblatt schafft der D5 den Sprint von null auf 100 km/h in 7,2 Sekunden und bringt es in der Spitze auf Tempo 240. In der ersten Ausfahrt im Taunus konnte das nicht verifiziert werden, aber ein absolut ausgewogenes Fahrverhalten und ein aus jeder Fahrsituation erwachsendes spontanes Ansprechverhalten schon. In Verbindung mit dem Allradantrieb und einer geringen Kurvenneigung kann der D5 auch wesentlich spontaner ums Eck gezogen werden als der frontgetriebene T5.
Teuer und durstig?
Weniger beeindruckend gab sich der Verbrauch bei beiden Fahrzeugen. Beim T5 wies der Bordcomputer mehr als 12 Liter aus und auch beim D5 nagte der Verbrauch deutlich am zweistelligen Bereich. Im Datenblatt ist in der Kombination von 6,8 Litern Super und 4,9 Litern Diesel die Rede. Die Wahrheit muss sicher irgendwo dazwischen gesucht werden. Fakt bleibt: Auch bei kleinen Motoren ist der Verbrauch von der Leistungsabforderung abhängig. Wer viel will, der wird auch mehr verbrauchen.
Das Gleiche gilt übrigens für die Assistenzsysteme und die vielen kleinen Extras, die das Autofahrerleben auch in dem wirklich schicken V90 inzwischen so angenehm machen können. Da sind 15.000 Euro zusätzlich schnell auf der Rechnung. Serienmäßig an Bord ist aber zum Beispiel der Assistent für teilautonomes Fahren bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h. Allerdings weist Volvo ausdrücklich darauf hin, dass der Pilot immer die Verantwortung für den Wagen behält, fährt aber gleichsam 80 km/h hinter Mercedes hinterher. Das System der Stuttgarter arbeitet bis Tempo 210. Warum das so ist, erklärt Meidt so: "Wir sind beim autonomen Fahren in der Stufe zwei. Die Stufe drei wollen wir überspringen und beginnen jetzt mit einer Testreihe in Städten wie Göteborg, London und in einigen Regionen in China."
Sicher und vernetzt
Im Paket des V90 enthalten sind natürlich ein Stauassistent, Wildtiererkennung, der Distanzwarner, der aktive Spurhalteassistent sowie die Verkehrszeichenerkennung. Und selbstredend gehören zur Sicherheitsausstattung der Schweden auch Kopf- und Schulterairbags für alle Passagiere, der Knieairbag für den Fahrer und bei Bedarf eine Anhängerstabilitätskontrolle. Auch mit Blick auf die Vernetzung geht Volvo mit der Zeit. Ob Apple Carplay, Echtzeit-Navigation oder diverse Apps, der V90 könnte immer online sein, wenn da nicht die lückenhaften Netze von Vodafon, Telekom und Co. wären.
Bei den Händlern steht der neue V90 ab dem 22. Oktober. Wer sich nicht für die hier beschriebenen großen Motorisierungen begeistern kann, der muss bis Dezember warten. Dann wird auch das Einstiegsmodell, ein D3, verfügbar sein. Dessen Vierzylinder-Diesel leistet 150 PS und kann wahlweise auch mit einem manuellen Sechsganggetriebe geordert werden. In der günstigsten Ausstattung werden dann 42.450 Euro für den Schweden fällig. Für Stadtfahrer könnte der noch für diesen Monat angekündigte T8 Hybrid eine Alternative sein.
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