Polizei suspendiert mutmaßlichen “Reichsbürger“

  27 Oktober 2016    Gelesen: 600
Polizei suspendiert mutmaßlichen “Reichsbürger“
Die Polizei in München ermittelt gegen einen Kollegen, der den "Reichsbürgern" nahe stehen soll - er darf derzeit nicht arbeiten. In anderen Bundesländern wächst die Sorge vor gewaltbereiten Anhängern der Szene.
Die Münchner Polizei hat einen 26-jährigen Streifenpolizisten wegen seiner mutmaßlichen Nähe zu den "Reichsbürgern" vom Dienst suspendiert. Gegen den Mann werde ermittelt, teilte die Polizei am Donnerstag mit. "Solche Leute haben in einer demokratischen und rechtsstaatlichen Polizei nichts zu suchen", sagte Polizeipräsident Hubertus Andrä.

Im bayerischen Georgensgmünd hatte ein "Reichsbürger" vor einer Woche bei einer Razzia auf vier Beamte geschossen und einen 32-jährigen Polizisten getötet. "Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als souveränen Staat an.

Auch in anderen Bundesländern befürchten die Behörden eine zunehmende Gefahr durch Anhänger der Szene. "Die Tat im bayerischen Georgensgmünd hat uns in tragischer Weise vor Augen geführt, dass wir diesen Personenkreis nicht als Verrückte verharmlosen dürfen", sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags. "Das gilt ganz besonders dann, wenn Angehörige der sogenannten Reichsbürger legal in den Besitz von Waffen gekommen sind."

Der Verfassungsschutz geht derzeit von bis zu 300 "Reichsbürgern" in NRW aus. Die Bewegung setzt sich demnach zusammen aus teils lose verstreuten, teils sektenartig organisierten Verschwörungstheoretikern, Rechtsextremisten und Querulanten. Schon seit einiger Zeit werde geprüft, ob unter den rund 3000 Rechtsextremisten in dem Bundesland - darunter auch solche aus dem Spektrum der "Reichsbürger" - Waffenbesitzer seien, denen der Waffenschein aberkannt werden könne.

Seit Anfang 2014 habe das Landeskriminalamt 40 Straftaten registriert, bei denen "Reichsbürger" mindestens als tatverdächtig gelten. Dabei geht es überwiegend um Volksverhetzung und Beleidigung, aber auch um Widerstand gegen Polizeibeamte und Verstöße gegen das Waffengesetz.

Bayerns Innenminister Joachim Hermann hatte zuletzt angeregt, neben dem Entzug der Waffenerlaubnis den "Reichsbürgern" auch das Halten von Kampfhunden zu untersagen. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht wies den Vorstoß zurück: Es müsse stets im Einzelfall geprüft werden, ob eine Unzuverlässigkeit vorliege. Alles andere sei Gesinnungsjustiz und politischer Aktionismus - ähnliches gelte für die Idee, "Reichsbürgern" den Führerschein zu entziehen.

Auch ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte, dass ein Entzug des Waffenscheins im Einzelfall zu begründen sei. Derzeit würden bundesweit "Reichsbürger" überprüft. Möglicherweise könne diesem Personenkreis künftig ein Waffenschein verweigert werden. Laut Waffengesetz besitzen Personen nämlich nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, wenn sie Bestrebungen verfolgen oder unterstützen, "die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind".

Thüringens Verfassungsschutzpräsident kündigte an, seine Behörde wolle künftig bei der Vergabe von Waffenscheinen und Waffenbesitzkarten mitentscheiden. Bei der Bearbeitung der Anträge könnten künftig Erkenntnisse des Verfassungsschutzes über mögliche Verbindungen zur rechtsextremen oder rechtsnationalen Szene mit einfließen, sagte Stephan Kramer dem MDR.

"Reichsbürger" sprechen dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren auch amtliche Bescheide nicht. Die Anhänger fielen in der Vergangenheit auch dadurch auf, dass sie Steuern und Abgaben nicht zahlen wollten.

Quelle : spiegel.de

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