Die EU wünscht, dass Griechenland - unterstützt von europäischen Beamten - die Asylgesuche von Flüchtlingen bereits auf den Inseln prüft und abgelehnte Bewerber zurück in die Türkei schickt. Doch das Verfahren kommt nicht voran. Die griechischen Behörden sind mit dem Prozess überfordert. Auf Lesbos entscheiden neun Beamte über die Anträge von 6000 Flüchtlingen, einer von ihnen lag zwischenzeitlich mit Burnout im Krankenhaus.
Die EU-Staaten wiederum seien, so heißt es in dem Ratsdokument, dem "Aufruf, Experten zu entsenden, bisher in viel zu geringem Umfang gefolgt." Die Beamten vor Ort verfügten "oft nicht über das benötigte Profil" und würden nur für kurze Zeit abgestellt. Dies führe zu "Frustration und Unruhe in den überfüllten Hotspots".
"Eine Schande für Europa"
Nach Angaben der griechischen Regierung halten sich derzeit mindestens 15.000 Migranten auf den griechischen Inseln auf, doppelt so viele wie in den Lagern Platz haben. Immer öfter kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern in den Camps oder zwischen Einheimischen und Flüchtlingen.
"Die Zustände auf den griechischen Inseln sind eine Schande für Europa", sagt Luise Amtsberg, die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag. Erst am Montag steckten Migranten auf der Insel Lesbos aus Protest gegen ihre Lebensbedingungen mehrere Gebäude der EU-Asylbehörde Easo in Brand.
Die griechische Regierung stehe vor einem Dilemma, glaubt Politikberater Gerald Knaus, der den EU-Türkei-Deal mitkonzipiert hat. Sie könne das Chaos auf den Inseln nicht länger ignorieren. Sollte Premier Alexis Tsipras jedoch, wie angekündigt, Flüchtlinge in großer Zahl aufs Festland verlegen, wäre dies ein Signal an die Schlepper in der Türkei, dass die Ägäis-Route wieder offen ist. "Wenn die EU nicht rasch etwas unternimmt", warnt Knaus, "ist das Flüchtlingsabkommen in wenigen Wochen tot."
Tags: