Tatsächlich war an diesem Tag ein 16-Jähriger an der Hamburger Alster von einem Unbekannten mit mehreren Stichen getötet worden. Seine 15-jährige Begleiterin attackierte der Angreifer allerdings nicht mit einem Messer; vielmehr stieß er sie ins Wasser, sie blieb unverletzt.
Ob die Terroristen sich tatsächlich auf diese Tat beziehen könnten, hat die Polizei zunächst nicht bestätigt.
Auch sonst wirft der Fall etliche Fragen auf. So ist der Zeitpunkt des Bekenntnisses ungewöhnlich: In der Vergangenheit hatte sich die Terrormiliz nach vergleichbaren Taten meist innerhalb von rund 48 Stunden geäußert. In diesem Fall sind nach der Tat knapp zwei Wochen vergangen.
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sagte, man nehme die aktuellen Hinweise auf einen möglichen IS-Hintergrund sehr ernst. Allerdings enthalte die Bekennernachricht des IS auch Ungereimtheiten. "Ziel des IS - auch bei Bekennungen - ist regelmäßig, Angst und Verunsicherung zu verbreiten. Deshalb ist es richtig, dass die Ermittlungen mit Hochdruck, aber auch mit professioneller Unaufgeregtheit und in alle Richtungen weiter geführt werden", teilte Grote mit.
Die Bundesanwaltschaft prüft die angebliche Bekennerbotschaft des IS. Es gebe noch keine Entscheidung, ob der Generalbundesanwalt den Fall an sich ziehe, sagte ein Behördensprecher. Die Hamburger Mordkommission geht nun unter Beteiligung des Staatsschutzes ebenfalls dem Hinweis auf einen IS-Hintergrund nach.
Die Hintergründe des tödlichen Angriffs am 16. Oktober sind bisher völlig unklar. Der Polizei zufolge hatte sich das Verbrechen gegen 22 Uhr unter der Kennedybrücke ereignet, wo die beiden Jugendlichen am Ufer saßen. Der Täter sei etwa 23 bis 25 Jahre alt und 1,80 bis 1,90 Meter groß gewesen. Er habe den 16-Jährigen unvermittelt hinterrücks angegriffen und mit mehreren Stichen verletzt, vermutlich mit einem Messer. Der Jugendliche starb kurz darauf im Krankenhaus.
Vom Täter und der Tatwaffe fehlt bislang jede Spur. Hinweise auf einen extremistischen Hintergrund gab es bei der Tat und unmittelbar danach nicht.
Die von "Amaq" zunächst auf Arabisch und Englisch verbreitete Mitteilung war so formuliert, dass offen blieb, ob die angeblichen Opfer verletzt oder getötet wurden. Demnach könnten sie sowohl erstochen als auch niedergestochen worden sein.
Weiter heißt es in der Botschaft, der "Soldat" des IS habe die Attacke "als Reaktion auf die Aufrufe ausgeführt, Bürger der Koalitionsländer anzugreifen". Gemeint sein dürfte das internationale Bündnis gegen die Terrormiliz. Mit derartigen Aufrufen hat der "Islamische Staat" seine Anhänger in der Vergangenheit wiederholt zu Gewalt angestachelt.
Dass die Islamisten des IS auch Deutschland im Visier haben, hatte sich in jüngster Zeit mehrfach gezeigt. Zuletzt sorgte der Fall des Syrers Jaber Albakr für Aufsehen, der sich schon Sprengstoff besorgt hatte, um den Ermittlern zufolge einen Berliner Flughafen anzugreifen. Albakr erhängte sich kurz nach seiner Festnahme in seiner Zelle.
Das Thema soll an diesem Dienstag auch in der routinemäßigen Lagebesprechung der Chefs der deutschen Sicherheitsdienste im Kanzleramt eine Rolle spielen.
Quelle : spiegel.de
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