Die 18-Jährige habe sich vor der ersten Vernehmung bei der Polizei Bilder eines Fotografen anschauen können, die die Geschehnisse an der Reeperbahn und der Großen Freiheit dokumentierten. Erst nachdem dadurch die Wiedererkennungsleistung des Opfers verfälscht worden sei, sei die Frau befragt worden, sagte der Gerichtssprecher.
Eine Kriminalbeamtin hatte ihr demnach in der Vernehmung unterstellt, sie wisse, dass einer der Männer Frauen betatscht habe. Doch dies habe nicht der Wahrheit entsprochen. In der Hauptverhandlung konnte das Opfer die Männer später nicht erneut identifizieren.
Gerichtssprecher: Starke Zweifel an der Schuld der Männer
Angesichts dessen zeigte sich die Richterin nach Informationen des Norddeutschen Rundfunks schockiert, wie leicht das Rechtssystem zu erschüttern sei. Laut Gerichtssprecher entschuldigte sie sich für die Ermittlungsfehler auch bei den Männern. Die "Hamburger Morgenpost" zitiert die Richterin mit den Worten: "Die Polizei wollte durch den öffentlichen Druck und auch den der Medien und der Politik unbedingt Ermittlungserfolge sehen."
Doch auch unabhängig von den Ermittlungspannen bestehen Zweifel an der Schuld der Männer. Mindestens einer der drei nun Freigesprochenen sei erst dann auf Videoaufnahmen zu sehen gewesen, nachdem das Opfer den Tatort bereits verlassen hatte, sagte der Gerichtssprecher. Auch bei den beiden anderen Angeklagten habe es "starke Anhaltspunkte" gegeben, dass sie nicht an dem Übergriff beteiligt waren. Die Männer aus Marokko, Tunesien und dem Iran erhalten für ihre Zeit in Untersuchungshaft eine Entschädigung von 25 Euro pro Tag, insgesamt jeweils rund 4600 Euro.
Nach der Silvesternacht hatten nach Angaben des Bundeskriminalamts rund 400 Frauen in Hamburg und rund 650 Frauen in Köln Anzeige wegen sexueller Übergriffe erstattet. Insgesamt habe es knapp 900 Sexualdelikte mit mehr als 1200 Opfern gegeben. Es seien aber nur 120 Verdächtige ermittelt worden, hieß es im Sommer. Nur eine Handvoll Täter wurde demnach je verurteilt.
Quelle : spiegel.de
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