Brüssel knöpft sich Amerikas Banken vor

  23 November 2016    Gelesen: 723
Brüssel knöpft sich Amerikas Banken vor
Die EU-Kommission plant strengere Kapitalvorgaben für Geldhäuser aus dem Ausland, die in Europa Geschäfte machen. Es ist nicht nur Revanche für das Verhalten der Aufseher in Amerika.
Der internationalen Zusammenarbeit in der Regulierung von Banken droht ein Rückschlag. An diesem Mittwoch soll die Brüsseler Kommission einen Entwurf vorlegen, der auf strengere Kapitalvorgaben für Auslandsbanken zielt, die in der Europäischen Union (EU) tätig sind. Über diese Pläne berichteten am Dienstag mehrere Nachrichtenagenturen. Eine offizielle Bestätigung der Kommission gab es nicht.

Nach den Plänen sollen Institute, die mindestens 30 Milliarden Euro in der EU verwalteten, ihre Tochtergesellschaften so mit Mitteln ausstatten, dass sie im Krisenfall weder auf Hilfe aus der Zentrale in Übersee noch vonseiten des Staates angewiesen seien. Schon seit längerem müssen europäische Institute in den Vereinigten Staaten ähnliche Vorschriften erfüllen, die zu einem höheren Kapitalbedarf ihrer dort tätigen Einheiten und damit zu einem höheren Aufwand geführt haben.

Damit nimmt Brüssel aber nicht nur Vergeltung für die in Amerika verschärfte Regulierung, sondern schafft zusätzliche Hürden für britische Großbanken, alsbald Großbritannien die EU verlassen hat. Denn dann müssen sie für ihre dortigen Einheiten ebenfalls separates und damit teures Kapital bereitstellen. Die ausländischen Banken sollen den Plänen der Kommission zufolge eine neue Ebene zwischen dem Mutterkonzern und den Tochtergesellschaften in der EU einführen. Diese neue Einheit soll mit ausreichend Kapital ausgestattet sein, dass sie wie eine eigenständige Gesellschaft aufgestellt ist. Das bedeutet, sie wäre von ihrer Muttergesellschaft und deren wirtschaftlicher Lage unabhängig. Den Plänen der Kommission müssten noch EU-Parlament und Mitgliedsländer zustimmen.

Damit können sich die Spannungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten in der Bankenaufsicht verschärfen. Am Montag und Dienstag in der kommenden Woche tagt in der chilenischen Hauptstadt Santiago der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht. Dem bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), der „Bank der Zentralbanken“, angesiedelten Gremium gehören die Notenbanken und Aufsichtsbehörden aus den 27 wichtigsten Wirtschaftsländern an. Sie beraten über den Abschluss der Eigenkapitalregeln (Basel III), die in Reaktion auf die Finanzkrise seit dem Jahr 2008 deutlich verschärft wurden. Doch derzeit ist offen, ob es zu einer Einigung kommt.

Denn die Vorstellungen der amerikanischen und der europäischen Aufseher liegen weit auseinander. Der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis hatte schon vor längerem damit gedroht, die neuen Regeln nicht anzuwenden, falls sie europäische Banken zu stark belasten. Ähnlich hatten sich zuletzt der für Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret und der Präsident der deutschen Finanzaufsicht Bafin, Felix Hufeld, geäußert. Die europäischen Banken werten die neuen Vorgaben als neues Regelwerk „Basel IV“.

Risikomodelle sollen eingeschränkt werden - aber wie stark?

Hier geht es um die internen Risikomodelle, mit denen Banken ihre Bilanzrisiken und den dafür erforderlichen Kapitalbedarf ermitteln dürfen. Einigkeit besteht unter den Aufsehern darin, dass diese eigenen Berechnungen eingeschränkt werden sollen. Nur über das Ausmaß streiten sie sich. Während die amerikanischen Banken von den strengeren Regeln weitestgehend verschont blieben, droht europäischen Banken ein um 30 Prozent höherer Kapitalbedarf. Das kann ein mittlerer dreistelliger Milliardenbetrag sein, der derzeit kaum an der Börse einzutreiben wäre. Die Banken müssten dann ihre Kreditvergabe einschränken, was Gegenwind für die ohnehin schwache Konjunktur in Europa wäre.

Die Spannungen vor dem Treffen in Santiago werden kaum abnehmen, wenn die Kommission nun die in Europa tätigen Tochtergesellschaften amerikanischer Banken strenger regulieren will. Allerdings kannten die amerikanischen Aufseher wenig Erbarmen, als sie von europäischen Banken wie etwa der Deutschen Bank eine höhere Kapitalausstattung verlangt hatten. Sollten aber die Gespräche im Baseler Ausschuss platzen, fürchten deutsche Banken, dass die Amerikaner dies auf die schwache Kapitalausstattung in Europa zurückführen könnten. Davor hatte Hans-Walter Peters, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) gewarnt. Wichtigstes Mitglied des Verbandes ist die Deutsche Bank.


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