Vor zwei Jahrzehnten schon hatte die Regierung Jharkhands wegen Umweltbedenken alle Minen schließen lassen. Doch die zurückgebliebenen Steinbrüche ziehen weiter zahlreiche arme Dorfbewohner an, die mit dem Glimmer ein Auskommen finden. Die Vertriebswege für die Kosmetikzutat sind oft derart undurchsichtig, dass Initiativen zur klaren Kennzeichnung ihrer Herkunft scheitern. Die Familien der Kinder verkaufen das Mineral an Zwischenhändler, die es an größere Händler weiterreichen. Letztlich landet der Glimmer bei den großen Konzernen.
Dem deutschen Pharmariesen Merck wurde 2009 vorgeworfen, von Kindern geschürften Glimmer an Kosmetikkonzerne wie L`Oreal oder Revlon zu verkaufen. Seitdem hat das Unternehmen nach eigenen Angaben Maßnahmen ergriffen, die eine Herkunft des Glitzerstaubs "aus Quellen ohne Kinderarbeit" garantieren. Örtlichen Aktivisten zufolge ist dies jedoch wegen der Abgeschiedenheit vieler Minen kaum nachzuprüfen. "Ich glaube, die Unternehmen schieben sich dabei den Schwarzen Peter zu", sagt Bhuvan Ribhu von Bachpan Bachao Andolan, der gegen Kinderarbeit vorgehenden NGO des letztjährigen Friedensnobelpreisträgers Kailash Satyarthi.
Trotz Ribhus Bedenken an der Umsetzbarkeit von Kontrollen bestehen die Unternehmen darauf, dass ihre Zulieferer sauber sind. Eine Sprecherin von L`Oreal etwa sagte der Nachrichtenagentur AFP, ihr Hauptlieferant Merck beziehe "nur Glimmer aus eingezäunten Minen". Kinderarbeit komme dabei "nachweislich in der gesamten Produktionskette" nicht vor. Revlon nahm auf mehrfache Anfrage zu seinen Merck-Lieferungen keine Stellung.
"Es ist schwierig, Eltern in einer so armen Gegend davon zu überzeugen, ihre Kinder lieber zur Schule zu schicken", sagt Bezirksaufseher Ram Bachan Paswan. "Außerdem existieren diese Minen offiziell nicht einmal, was unsere Aufgabe umso mühsamer macht." Shibu Yadav gibt offen zu, seine vier Kinder täglich in die Mine zu schicken: "Das ist unsere Haupteinnahmequelle". Monatlich bricht sein Nachwuchs den Gegenwert von umgerechnet rund 14 Euro aus den Steinen. "Gäbe es den Glimmer nicht, wären wir längst verhungert", sagt Yadav.
Zwar haben Kosmetikriesen wie Estelle Lauder und Chanel kürzlich gemeinsam mit Satyarthis NGO ein Programm gestartet, das Kindern armer Familien eine Schulausbildung finanzieren soll. Doch für viele Kinder bleibt dies ein ferner Wunsch. "Wir wissen, dass Glimmer für Puder und Lippenstift genutzt wird", sagt die 13-jährige Pushpa Kumari. "Es lässt Frauen hübscher aussehen", fügt sie hinzu, eine Schale voller Glimmer auf dem Kopf balancierend. "Aber guckt euch an, was es mit uns macht."
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