Kanadische Unis melden Rekord an US-Bewerbern

  10 Januar 2017    Gelesen: 831
Kanadische Unis melden Rekord an US-Bewerbern
Seit Trump gewählt wurde, wollen mehr junge Amerikaner in Kanada studieren. Der zukünftige Präsident verunsichert die akademische Welt - ist aber nicht der einzige Grund, der für Kanada spricht.
Lara Godoff, 17, kommt aus dem sonnigen Napa in Kalifornien. Aber seit Donald Trump Anfang November die Wahl gewonnen hat, will sie nicht mehr in ihrem Heimatland bleiben. Sie befürchtet, dass nun die Regeln gegen sexuelle Belästigung gelockert werden könnten - und will deshalb lieber in Kanada studieren. Gleich an drei kanadischen Colleges hat sie sich beworben. "Wenn so viele Menschen in den USA Trump gewählt haben, dann ist das nicht mehr mein Land", sagt sie.

Seit Trump die Wahl gewonnen hat, steigen die Bewerbungen von Amerikanern an kanadischen Hochschulen in einem Maß, das nicht allein mit verstärkter Werbung in den USA zu erklären ist.

Die Universität von Toronto verzeichnet bei US-Bewerbern einen Anstieg von 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr, an anderen Schulen liegt der Zuwachs bei mindestens 20 Prozent. An der McMaster University in Hamilton, Ontario, sind es zum Beispiel 34 Prozent.

Die Hochschulen selbst sind zurückhaltend bei der Bewertung: "Wir können das Wahlergebnis zwar nicht ignorieren", sagt etwa Jennifer Peterman, die für die Bewerbungen an der McGill University in Montreal zuständig ist. "Aber es gibt noch andere Vorteile, die Studenten anlocken." Dazu zählten etwa die große Vielfalt der Studenten und die günstigen Lebenshaltungskosten in Montreal. Allerdings sind das Pluspunkte, die es nicht erst seit dem 8. November gibt.

Auch Vertreter einiger US-Colleges erkennen einen klaren Zusammenhang zwischen Studentenzahlen und der Wahl - bei ihnen geht die Zahl der Bewerber zurück. Auch glauben manche Recruiter, dass viele Auslandsstudenten nun die USA meiden und sich lieber in Kanada oder Australien einschreiben. Ihre kanadischen Kollegen berichten von wachsendem Interesse aus China, Indien und Pakistan.

"Akademiker weltweit fühlen sich ein bisschen unwohl mit Trump, wohl auch, weil die Wahlkampfrhetorik ihnen Angst gemacht hat", sagt Stephen Dunnett, Leiter für International Education an der Universität von Buffalo. "Es könnte deshalb vielleicht ein bisschen rumpelig werden in den kommenden Jahren."

Colleges rechnen fest mit Zuwachs

Noch ist es zu früh, um zu beziffern, wie viele US-Studenten sich für den kommenden Herbst in Kanada einschreiben, aber einige Colleges rechnen auf jeden Fall mit Zuwächsen. Bisher waren kanadische Hochschulen nicht allzu populär bei Amerikanern. Im Jahr 2014 kamen 9000 Studenten aus dem Nachbarland, während 57.000 aus China stammten.

Allerdings versucht Kanada seit zwei Jahren, mehr Studenten aus aller Welt anzulocken, um damit die Alterung der Gesellschaft zu bremsen. Bis 2022 sollen es doppelt so viele Auslandsstudenten sein wie 2014. Viele der 125 kanadischen Hochschulen werben auch gezielt in den USA und versprechen eine Auslandserfahrung vor der Haustür.

Bereits im Dezember hat die Universität von Toronto eine Diskussionsveranstaltung über die US-Wahl in Washington abgehalten. Unter den Teilnehmern war Rebekah Robinson aus Baltimore, 17, die die Uni bereits besucht hat und eine Bewerbung plant. Mit ihren Eltern witzelte sie noch darüber, dass ein Studium in Toronto eine Chance zur Flucht vor Trump sei, aber im Ernst sehe sie das nur als Bonus, sagt sie: "Ich mag die Schule und ihr Kursangebot wirklich gerne, das passt sehr gut für mich. Der Präsident und die Wahl spielen da nur eine kleine Rolle."

Quelle : spiegel.de

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