Wahl des Bundespräsidenten

  12 Februar 2017    Gelesen: 330
Wahl des Bundespräsidenten
Populisten wie Donald Trump schimpfen über die politischen Eliten. Dabei ist das Establishment unverzichtbar - wie das Beispiel Frank-Walter Steinmeier zeigt.
"Wer zwei Mal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment." Das war einst ein Spruch der linken Spontis. Das war lustig.

Donald Trump und Europas Rechtspopulisten verfahren heute nach dem Motto: Wer mehr als zwei Bücher kennt, gehört schon zum Establishment. Das ist bitterer Ernst.

Anti-Intellektualismus, Elitenverachtung, der Kampf gegen seriöse Politiker sind groß in Mode. Die Rechtspopulisten haben das Wort Establishment zu ihrem zentralen Kampfbegriff gemacht. Sie laden den Begriff negativ auf, subsumieren darunter alle, die in der Demokratie seit Jahren politische Verantwortung tragen und anders denken als sie. Höchste Zeit also für ein antizyklisches Loblied auf das Establishment.

Die Wahl von Frank-Walter Steinmeier, des Mister Establishment schlechthin, zum neuen Bundespräsidenten bietet dazu einen guten Anlass. Zum Glück gibt es Leute wie Steinmeier. Zum Glück gibt es das Establishment. Zum Glück gibt es Politiker, die wissen, was unsere westliche Welt im Inneren zusammenhält - und im Auftrag der Wähler einigermaßen verlässlich so handeln, damit sie möglichst nicht auseinanderfliegt.

Es ist zu einfach, immer nur zu sagen, das Establishment habe dies und jenes versäumt und deshalb seien die Populisten auf dem Vormarsch. Denn es gibt auch eine Verantwortung der Wähler, sich politisch zu informieren und auf billige Populisten-Tricks nicht hereinzufallen.

Establishment, das ist in der Demokratie nicht schlecht, sondern gut. Leute wie Steinmeier und andere aus dem Establishment stehen für unseren pluralistischen, demokratischen Parteienstaat. Dieser Staat ist nicht perfekt, auch seine Eliten sind es nicht. Aber er folgt festen Regeln, Ritualen und verfügt über Kontrollinstanzen, die Machtmissbrauch verhindern.

Steinmeier wird Bundespräsident, weil das Establishment es so will. Ja, stimmt. Er ist durch einen Deal der Parteichefs der Großen Koalition zum Kandidaten geworden, die Bundesversammlung wird ihn mit großer Mehrheit wählen. Na und? Daran ist nichts Unrechtes: Nach dem Grundgesetz ist das alles erlaubt. Es gibt in Deutschland keinen direkt vom Volk gewählten Präsidenten mit weitreichenden Machtbefugnissen. Das hatten wir schon mal, es ging nicht gut aus.

Leute wie Frauke Petry, Nigel Farage, Alexander Gauland, sie alle sind seit vielen Jahren Outsider, ihre intellektuellen Kapazitäten, Netzwerke, ja, vielleicht auch ihr Glück, reichten nicht aus, um es im politischen Betrieb ganz nach oben in die Entscheiderebene zu schaffen. Frauke Petry war als Unternehmerin wenig erfolgreich. Alexander Gauland, nunmehr in der AfD, war in der CDU einst nur ein Mann der dritten Reihe. Er konnte sich dort schlicht nicht durchsetzen. Auch Trump, der ordinäre Immobilienhai, wurde von den gebildeten Eliten Amerikas stets belächelt.

Die Outsider verändern die Spielregeln und zerstören die Errungenschaften eines zivilisierten demokratischen Umgangs, indem sie demokratische gewählte Politiker als "Diktatoren" verunglimpfen oder so wie Trump schamlos und gezielt lügen und mit Angriffen auf die Justiz die Gewaltenteilung in Frage stellen.

Die Populisten beschwören stets den Untergang, in den die Eliten uns angeblich führen würden. Dabei ist das Chaos genau dort zu beobachten, wo selbsternannte Heilsbringer vernünftige Politiker zur Seite drängen.

Und wer darf das Durcheinander, das die Populisten hinterlassen werden, am Ende wieder aufräumen? Genau, Sie ahnen es.

Quelle : spiegel.de

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