Die hohe Zahl getöteter Zivilisten übersteigt alle Erhebungen der letzten zweieinhalb Jahre, in denen die US-Koalition den IS bekämpft hat.
Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger.
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Der Militärexperte und Vorsitzende der Nahost-Abteilung im Moskauer Institut für Innovative Entwicklung, Anton Mardasow, bewertete die Airwars-Erhebungen gegenüber RT Deutsch:
Ins Gewicht fällt, dass Russland nach dem Ende der Kämpfe um die Stadt Aleppo bis Ende Dezember 2016 seine gemeinsame Luftkampagne mit der Türkei deutlich reduziert hat. Der Abzug der Dschihadisten aus Aleppo trug maßgeblich zur Stabilisierung der Lage und zur Eindämmung der militärischen Gewalt bei.
Die USA hingegen weiteten ihre Luftangriffe in Syrien deutlich aus, was mit zusätzlicher Unterstützung für die Kurden-Miliz YPG in Nordsyrien gegen den "Islamischen Staat" einhergeht. Mardasow bemängelt, dass der Bericht von Airwars den russischen Antiterrorkampf gegen den IS in den dünner besiedelten Gebieten Syriens von Homs und Deir ez-Zor nicht richtig einordne, was die Erhebung verzerre.
Ebenso sind die Kämpfe der irakischen Armee um Mossul, die verstärkt von der US-Luftwaffe und Bodentruppen begleitet werden, noch lange nicht vorüber. Die irakische Zentralregierung ist entgegen eigenen Behauptungen nach wie vor in Kämpfe mit dem "Islamischen Staat" im Osten Mossuls verwickelt. Analyst Mardasow kommentierte gegenüber RT Deutsch:
Auf der einen Seite kritisierte die US-geführte internationale Koalition Russland 2016 für dessen Eingriff in Aleppo. Auf der anderen Seite sahen wir die Antwort darauf: Moskau reagierte und kritisierte die hohen Todeszahlen von Zivilisten in Iraks Mossul und Syriens Rakka. Das sind Elemente einer symmetrischen Informationskriegsführung. Dabei stellt sich die Frage, warum den Luftangriffen der Türkei in al-Bab keine Aufmerksamkeit geschenkt wurde, die auch zivile Tote mit sich bringen?
Laut Mardasow hat die gestiegene Anzahl ziviler Opfer zwei Gründe. Er sagte:
Erstens ist die Türkei Teil der internationalen Koalition der USA und die Statistik umfasste nicht nur US-amerikanische Luftangriffe, sondern auch türkische Angriffe. Zweitens griff die US-Koalition Gebiete an, in denen sich Militante aufhielten, aber auch Flüchtlinge und lokale Stämme.
Julien Barnes-Dacey, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Europäischen Rat für Auslandsbeziehungen, deutete gegenüber Airwars an, dass sich der Trend ausweiten könnte, wenn US-Präsident Donald Trump die Einsatzregeln für die US-Luftwaffe in Syrien und im Irak weiter lockert. Am 28. Januar befahl Trump dem US-Militär, nach Möglichkeiten für eine aggressivere Bekämpfung des IS zu suchen. Ein neuer Plan soll binnen eines Monats dem Weißen Haus vorgelegt werden.
Medienberichte gaben zudem darüber Aufschluss, dass Trumps Offensiv-Pläne zur Einnahme von Rakka vorerst auf Eis gelegt hat, die von seinem Vorgänger Barack Obama bereits abgesegnet worden waren. Trump sucht offenbar für den Bodenkrieg in Syrien nach neuen Partnern. Dabei könnte eine engere Kooperation von Washington mit der Türkei oder auch mit der syrischen Armee ins Auge gefasst werden.
Quelle: rt deutsch
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