Putin hui – Geheimdienste pfui

  20 Februar 2017    Gelesen: 1774
Putin hui – Geheimdienste pfui
Leaks aus US-Sicherheitskreisen über Kontakte mit Russland bringen Trump in Schwierigkeiten. Dubiose Kontakte mit Moskau bringen den Nationalen Sicherheitsberater des US-Präsidenten zu Fall. Aber Trump besteht auf einem Geschäft mit dem Kreml.
von Andreas Mink

Vier Wochen nach seiner Amtseinführung bringt die Affäre um Beziehungen seines Teams zu Russland Donald Trump in Nöte, die in der amerikanischen Geschichte ihresgleichen suchen. Am Montag musste sein Sicherheitsberater Michael Flynn aufgrund dubioser Kontakte zu der russischen Botschaft in Washington den Hut nehmen. Selbst bis anhin loyale Republikaner im Kongress schliessen sich seither Rufen von Demokraten nach einem Ausschuss für die Untersuchung russischer Machenschaften bei den Präsidentschaftswahlen an. Leaks und Fraktionskämpfe schwächen das Weisse Haus. Trump geht die hausgemachte Krise auf bekannte Weise an. Er drischt auf die Medien ein und schwört auf die Freundschaft zu Präsident Wladimir Putin.

Kritik an den Medien

Trump verstrickt sich in immer neue Widersprüche: Am Donnerstag hat er an einer Pressekonferenz ein aggressives Vorgehen gegen Leaks aus Regierungskreisen angekündigt und amerikanische Medien als feindselige Verbreiter von „Fake News“ gescholten. Im gleichen Atemzug gestand Trump aber die Korrektheit der Leaks in Bezug auf Flynn ein. Starke Sympathien zeigte der US-Präsident einmal mehr gegenüber Moskau und relativiert jede Handlung Putins: Natürlich seien jüngste Vorfälle wie die Entsendung eines Spionageschiffes vor die Neuengland-Küste klare Provokationen. Aber persönlich testen wolle ihn Putin damit nicht. Der russische Präsident reagiere nur auf die zunehmende Feindseligkeit von Medien und Politik in Washington gegenüber Russland.

Die Hoffnung auf ein Geschäft mit Russland mag Trump nicht aufgeben. Er propagiert seit Beginn seiner Präsidentschaftskampagne einen umfassenden Interessenausgleich mit Putin. Dabei hat er ein gemeinsames Vorgehen gegen den Islamischen Staat und die Aufhebung der wegen der Annexion der Krim verhängten Sanktionen ins Spiel gebracht. Die im Oktober einsetzenden Enthüllungen über russische Hackerangriffe gegen beide Parteien in Washington brachten ihn ebenso wenig von seinen Sympathien zu Putin ab wie die gegenwärtigen Leaks aus US-Sicherheitskreisen über Kontakte seiner Umgebung nach Moskau. Dass er den Kreml unbeirrt in Schutz nimmt, aber neben den Medien auch die eigenen Geheimdienste attackiert, stellt Insider vor Rätsel. Gegenüber der „NZZ am Sonntag“ äusserte ein ehemaliges Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats (NSC) die Vermutung, dass Moskau über Druckmittel gegen Trump verfügt. Dabei könnte es sich um geschäftliche Beziehungen, kompromittierendes Material oder eine Kombination verschiedener Dinge handeln. Dazu existiert bekanntlich ein umstrittenes Dossier des britischen Ex-Agenten Christopher Steele, das vom FBI überprüft wird.

Die „gezielten Leaks“ erklärt der Insider als kollektive Reaktion von Geheimdienstmitarbeitern auf den Kreml-freundlichen Kurs Trumps. Sicherheitskreise wollten verhindern, dass der Präsident ihre Regierung in den Dienst Russlands stellt. Ein weiteres Motiv könnten Loyalitäten gegenüber der abgetretenen Regierung Obama sein. Aber auch dabei gebe die Sorge um das Wohl Amerikas den Ausschlag. Der Insider ist überzeugt, dass Trump keine grundsätzlichen Probleme mit den Leaks hat. Der Präsident schere sich nicht um Sicherheitsprotokolle und die Integrität von Regierungsinstitutionen. Trump wolle die Leaks dazu benutzen, die Geheimdienste zu disziplinieren und unter seine Kontrolle zu bringen. In diesem Sinne sei auch die Anweisung des Präsidenten an das Justizministerium zu sehen, die „kriminellen Urheber der Leaks“ ausfindig zu machen.

Gleichzeitig werden im Kongress die Rufe nach einer gründlichen Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Moskau, der Wahlkampagne Trumps und den Hackerangriffen während des Wahlkampfes lauter. Ob sich dafür aber tatsächlich Mehrheiten finden, ist offen. Viele Konservative hoffen, dass sie mit Trump lange gehegte Anliegen wie Steuersenkungen umsetzen können, und drücken dafür bei dem Thema Kreml beide Augen zu. Nach Ansicht des bereits zitierten Insiders wird Trump mit aller Kraft versuchen, einen Untersuchungsausschuss im Senat zu blockieren. Dieser könnte, wenn nicht belastende Informationen über Trumps Beziehungen zu Putin, Einblicke in seine Geschäfte ans Licht bringen. Dies sucht Trump durch die Verheimlichung seiner Steuererklärungen zu blockieren.

„Shit-Sandwich“

Die Entlassung von Flynn und das Beharren Trumps auf einem Schulterschluss mit Putin erschweren die Suche nach einem neuen Nationalen Sicherheitsberater. So hat der pensionierte Vizeadmiral Robert Harward den Posten am Donnerstag ausgeschlagen. Laut dem Insider aus dem NSC betrachtet der in Washington weithin angesehene Harward den Job als „Shit-Sandwich“: Kein Nationaler Sicherheitsberater werde in der Lage sein, das organisatorische Durcheinander im Weissen Haus in den Griff zu bekommen.

Quelle:nzz

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