Die Stadt Gaggenau hatte am Donnerstag kurz vor Beginn eine geplante Veranstaltung mit dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag untersagt. Die Stadtverwaltung machte Sicherheitsbedenken geltend. Bozdag wollte bei seinen in Deutschland lebenden Landsleuten für die geplante Verfassungsreform in der Türkei werben. Die Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland stoßen parteiübergreifend auf Kritik. Seit der Inhaftierung des deutsch-türkischen Korrespondenten Deniz Yücel hat sich das Verhältnis zwischen beiden Regierungen weiter verschlechtert.
Die Stimmung in der Stadt ist nach der Absage des Auftritts nervös. Am Freitagmorgen wurde das Rathaus wegen einer Bombendrohung geräumt. Der Anrufer begründete die Drohung mit der Absage eines Auftritts in der Stadt, wie der Leiter des Bürgerservices, Dieter Spannagel, der Nachrichtenagentur AFP sagte. Das Gebäude wurde vorsorglich geräumt und von der Polizei durchsucht.
Bosbach: Wir sind keine Außenstelle der Türkei
Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach hat die Absage des Auftritts durch die Stadt Gaggenau derweil als richtungsweisend begrüßt. „Das ist eine mutige Entscheidung“, sagte der Bundestagsabgeordnete der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Absage könnte für andere Wahlkampfveranstaltungen türkischer Regierungsmitglieder hierzulande als Vorbild dienen. Bundesregierung und Landesregierungen müssten alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten nutzen, um solche Veranstaltungen zu untersagen, sagte Bosbach. Es seien ganz unterschiedliche Begründungen denkbar, je nachdem, ob die Veranstaltung öffentlich oder nichtöffentlich, Open Air oder in einer Halle stattfinde. „Die Bundesrepublik Deutschland ist keine Außenstelle der Türkei und es gibt keinen Rechtsanspruch für ausländische Politiker, auf deutschem Boden Wahlkampf zu machen.“
Deutschland dürfe nicht zulassen, dass innenpolitische Konflikte aus der Türkei hierher importiert würden, warnte der CDU-Innenexperte. Deutschland sei stärker betroffen als andere Staaten, weil hier 1,5 Millionen türkische Staatsbürger lebten, die ein beachtliches Wählerpotenzial für die türkische Politik darstellten.
Laschet: Erdogan ist in Deutschland derzeit unerwünscht
Bosbach kritisierte es als „Taschenspielertrick“, wenn türkische Regierungsmitglieder behaupteten, als Privatleute nach Deutschland zu kommen, um von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch zu machen. Von einem Einreiseverbot für türkische Regierungsmitglieder hält Bosbach allerdings nichts: „Die Türkei ist ein wichtiger politischer Partner und Nato-Partner. Wir dürfen den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen“, sagte er.
Auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet wandte sich gegen Wahlkampfauftritte türkischer Minister in Deutschland. „Wir lassen nicht zu, dass durch Auftritte von Erdogans Regierungsmitgliedern innertürkische Konflikte in Deutschland ausgetragen werden, die auch die türkische Gemeinde spalten“, sagte Laschet der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende und Oppositionsführer im NRW-Landtag warnte den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan davor, in Deutschland für das geplante Verfassungsreferendum im April zu werben. „Solange mit Deniz Yücel ein deutscher Journalist ohne nachvollziehbare Begründung in der Türkei in Haft gehalten wird, ist Präsident Erdogan in Deutschland unerwünscht“, sagte Laschet der Zeitung.
Quelle: dpa/afp
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