"Wenigstens haben wir in einem Punkt etwas gemeinsam"

  18 März 2017    Gelesen: 1389
"Wenigstens haben wir in einem Punkt etwas gemeinsam"
Angela Merkel trifft Donald Trump: Vor allem in der Handelspolitik werden die Differenzen deutlich. Bei der mühsamen Suche nach Gemeinsamkeiten verzieht selbst die Kanzlerin das Gesicht.
Dass sich Donald Trump und Angela Merkel in wichtigen Punkten uneins sind, bleibt auch dem US-Präsidenten nicht verborgen. Zum Ende der gemeinsamen Pressekonferenz im Weißen Haus nimmt der Republikaner Stellung zu den von ihm in die Welt gesetzten Vorwürfen, sein Vorgänger Barack Obama habe ihn abgehört. Beweise dafür, dass der Trump Tower verwanzt wurde, gibt es bis heute nicht. Dennoch scherzt Trump zu den angeblichen Abhörversuchen Obamas: "Wenigstens haben wir etwas gemeinsam - vielleicht."

Zur Erinnerung: 2013 wurde bekannt, dass die Bundeskanzlerin von den US-Geheimdiensten abgehört wurde. Lachen, kann Merkel über den Spruch von Trump nicht. Ihr Grinsen wirkt gequält, sie schüttelt den Kopf.

Wahr aber ist: Der Besuch der deutschen Regierungschefin im Weißen Haus machte deutlich, dass Merkel und Trump inhaltlich erwartungsgemäß mehr Differenzen denn Gemeinsamkeiten haben.

Beim ersten Besuch der Deutschen seit dem Amtsantritt von Trump suchen beide nach Gemeinsamkeiten – und betonen sie zu Beginn der Pressekonferenz. Trump bedankt sich für den deutschen Einsatz in Afghanistan und für die diplomatischen Bemühungen in der Ukraine-Krise. Merkel betont die historischen Verdienste der USA beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und bei der deutschen Wiedervereinigung.

Doch schon das Bekenntnis Donald Trumps zur NATO („Ich stehe voll hinter dem Bündnis“) endet mit klarer Kritik. Nur die wenigsten Partner würden ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen, kaum ein NATO-Mitglied investierte wie versprochen zwei Prozent seines BIPs in die Verteidigung. „Das ist unfair gegenüber den USA“, sagt Trump. Deutschland etwa „schulde eine große Menge an Geld“.

Falsch ist die Behauptung nicht; Deutschland gibt derzeit nur rund 1,2 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Verteidigung. Diplomatisch ist Trumps Ansage aber auch nicht.

Er appelliert, beide Länder müssten gemeinsam den „radikal-islamistischen Terror“ bekämpfen und ISIS stoppen. Es gelte, die Bürger beider Länder zu schützen. Die durch den Vormarsch der Terrormiliz ausgelöste Flüchtlingskrise streift Trump nur am Rande: Migration sei ein Privileg, kein Recht. Und Einmischung von außen verbitte er sich. „Das ist eine nationale Aufgabe.“

Während Trump zu Beginn der Pressekonferenz von seinem Manuskript abliest und Merkel nicht ein einziges Mal anschaut, wechseln die beiden Regierungschefs im späteren Vorlauf den einen oder anderen Blick. Ein Gefühl von Harmonie entsteht dennoch kein einziges Mal in dem prächtigen East Room im Weißen Haus.

Trump: „Die deutsche Seite hat besser verhandelt als wir“

Unmittelbar vor der Pressekonferenz sprachen Trump und Merkel mit Unternehmensbossen aus den USA wie aus Deutschland über die Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmern. Dabei lobte der US-Präsident Deutschland als „Vorbild“ für die Lehre, auf Englisch: apprenticeship. „Ein schönes Wort.“ Amerika wolle sicherstellen, dass die Arbeitnehmer fit für die Herausforderungen der Zukunft sind.

Vor den Pressevertretern betont der US-Präsident, er sei kein „Isolationist“. Er sei für Freihandel. Wenn dieser denn fair sei. Das sei derzeit nicht der Fall, führt Trump aus – auch und vor allem nicht mit Blick auf Deutschland.

Wie wichtig die USA für die deutsche Wirtschaft sind

Die USA importieren deutlich mehr deutsche Waren, als sie exportieren. Seit Jahren steigt das Handelsbilanzdefizit der Wirtschaftsmacht mit Europa im Allgemeinen und mit Deutschland im Speziellen. „Die deutsche Seite hat besser verhandelt als wir“, sagt Trump. Das erkenne er an. Bleiben könne das aber nicht so. „Vielleicht können wir das zumindest ausgleichen.“

Details über die geplanten Neuverhandlungen bleibt der US-Präsident schuldig. Kein Wort zu Strafzöllen, kein Wort zu dem Wunsch, die Deutschen mögen doch bitte mehr US-Produkte kaufen.

Für Angela Merkel gibt es ohnehin wenig zu besprechen und nachzuverhandeln. Und so betont sie, dass Freihandel in ihren Augen immer eine „win-win-Situation“ ist. Und überhaupt: Deutschland habe seine Befugnisse im Außenhandel an die Europäische Union abgetreten. Bilateral gäbe es also nichts zu verhandeln. Gleichwohl wünsche sie sich, dass die begonnenen Gespräche über ein transatlantisches Freihandelsabkommen wieder aufgenommen werden. „Ich hoffe, dass wir zurück an den Verhandlungstisch kehren“, sagt Merkel. Zuversichtlich klingt sie gleichwohl nicht.

Vor der versammelten Presse vermeidet die Kanzlerin dennoch weitere Provokationen. Sie spricht von einem „guten und sehr offenen ersten Austausch“. Konfliktfrei, das gibt Merkel zu, seien die Gespräche nicht gewesen. Dennoch gelte es Lösungen zu finden „die für beide gut sind“. Es müsse schließlich fair sein. Wie diese aussehen können, ist derzeit völlig offen.

Quelle:wiwo

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