Das Treffen fand vor dem Hintergrund neuer Spannungen in Berg-Karabach, dem umstrittenen Gebiet zwischen Armenien und Aserbaidschan, statt. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium berichtete gestern von mehr als 100 Verletzungen des Waffenstillstands durch die armenische Seite. Das seperatistische Regime Berg-warf Aserbaidschan Angriffe gegen die Stellungen der armenischen Truppen sowie Städte und Dörfer vor.
Der aserbaidschanische Präsident Ilcham Alijew, der jüngst in Paris weilte, behauptete, Armenien verhalte sich aggressiv und verweigere Gespräche über die Konfliktregelung. In Baku ist man sehr erbost darüber, dass Armenien seit mehr als 25 Jahren fast 20 Prozent des aserbaidschanischen Territoriums kontrolliert. In diesem Zusammenhang sprachen die Aserbaidschaner auch schon einmal von einer gewaltsamen „Lösung“ des territorialen Streits.
Moskau bemüht sich als Vermittler in diesem Gebietsstreit und versucht, sowohl mit Baku als auch mit Jerewan die Freundschaft aufrechtzuerhalten. So fand in Moskau vor einigen Tagen eine internationale Militärkonferenz statt, an der sich unter anderem Vertreter der Generalstäbe sowohl Aserbaidschans als auch Armeniens beteiligten.
In Armenien findet derzeit eine gemeinsame Übung der russischen und armenischen Truppen statt. Und in Baku weilt eine Delegation der russischen Seestreitkräfte im Rahmen der Vorbereitung einer Etappe des internationalen Marinewettbewerbs „Sea Cup 2017“, die im August ausgetragen werden soll.
Die militärische Integration Russlands mit Armenien ist etwas enger als mit Aserbaidschan. Beim Treffen mit Putin sagte Sargsjan, es sei äußerst wichtig, dass die Seiten ein Abkommen über die Bildung einer vereinten Truppengruppierung unterzeichnet haben und dass ein Abkommen über ein Vereintes regionales Raketenabwehrsystem im Kaukasus in Kraft getreten sei. „Diese Dokumente werden zweifellos zur weiteren Gewährleistung der Sicherheit in der Südkaukasischen Region beitragen“, betonte Sargsjan.
Das russisch-armenische Abkommen war am 30. November 2016 im Rahmen eines offiziellen Besuchs des armenischen Verteidigungsministers Wigen Sargsjan in Moskau unterzeichnet worden. Die Einzelheiten des Dokuments sind immer noch unbekannt. Auffallend ist, dass Russland außer Armenien nur mit Weißrussland eine vereinigte Truppengruppierung hat. Im Westen waren die Gründe dafür offensichtlich: die jüngste Verlegung von Nato-Truppen in den Grenzraum. Aber wer gefährdet denn Russland und Armenien im Kaukasus?
Einige Experten vermuten, dass dies angesichts der ``aggressiven Absichten Aserbaidschan`` getan worden sei. Armenische Medien zitierten in diesem Kontext den Verteidigungsminister Sargsjan, Russland wolle dadurch „die militärische Situation in der Region ausgleichen“. Zudem versicherte der Minister, Jerewan würde mit Moskau auch über weitere Waffenlieferungen verhandeln.
Laut Informationen aus offenen Quellen hat Russland Armenien unter anderem mit Raketenkomplexen Iskander, Mehrfachraketenwerfern Smertsch, Flugabwehrkomplexen S-300 und Igla-S, schweren Flammenwerfern TOs-1A, verschiedenen Schusswaffen, Granatwerfern, Panzerfahrzeugen Tigr und Kommunikationsmitteln versorgt.
Aber auch mit Aserbaidschan entwickelt Russland die Kooperation auf diesem Gebiet. Laut Medienberichten wurden zwischen 2010 und 2014 bilaterale Verträge für schätzungsweise vier Milliarden Dollar abgeschlossen. Aserbaidschan hat bereits zwei Divisionen von S-300-PMU-2-Komplexen, mehrere Batterien von Flugabwehrkomplexen Tor-2ME, Panzer T-90S, Schützenpanzerwagen, Panzerhaubitzen Msta-S, Raketenwerfer Smertsch und fast 100 Kampf- und Frachthubschrauber erhalten.
Zudem wurde im November 2016 ein Kooperationsplan für dieses Jahr unterzeichnet. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte damals: „Wir werden das militärische Zusammenwirken (mit Aserbaidschan) ausweiten. Das gilt für Stabsverhandlungen, für Kontakte auf dem Niveau der Generalstäbe und natürlich für den Ausbildungsbereich.“ Gleichzeitig sprach sich Schoigu für eine friedliche Konfliktregelung in Berg-Karabach aus.
„Es ist unter solchen Bedingungen kaum vorstellbar, dass Russland seine Orientierung wechseln und in der Konfrontation zwischen Aserbaidschan und Armenien eine der Seiten unterstützen wird“, sagte der Militärexperte Juri Nektatschew, der einst Vizebefehlshaber der russischen Truppengruppierung im Südkaukasus gewesen war.
„Die Bildung einer gemeinsamen Truppengruppierung mit Armenien ist mit der Nachbarschaft zur Türkei verbunden, die Nato-Mitglied ist“, so der Experte. „Darüber hinaus sind Moskau und Jerewan offensichtlich über die Situation in Georgien beunruhigt. Tiflis will auch in die Nato und bedroht die mit Russland befreundeten Republiken Südossetien und Abchasien. Das ist ein wichtiger Faktor für die Festigung der Stellung Moskaus in der Region.“
Quelle:sputniknews
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