Für das 0:12 erhielt jeder Spieler 150.000 Euro

  05 April 2017    Gelesen: 948
Für das 0:12 erhielt jeder Spieler 150.000 Euro
Der spanische Klub CD Eldense wurde von gleich zwei Mafia-Banden übernommen. WhatsApp-Protokolle fördern schockierende Details zutage. Als der Klubpräsident diese hört, bricht er in Tränen aus.
Der Manipulationsskandal um den spanischen Drittligisten CD Eldense zieht immer weitere Kreise. Derzeit sitzen beide Trainer – der italienische Verbindungsmann zu den Vereinsbesitzern und der spanische Strohmann mit dem nötigen Trainerschein –, der Chef des italienischen Investmentfonds sowie mindestens zwei Spieler in Haft, die Spanier Nico Chófer und Maiki Fernández.

Der Verein hat die Hälfte der ersten Mannschaft entlassen. Und der Radiosender Cadena Cope veröffentlichte in der Nacht zum Mittwoch unter Berufung auf Ermittlerkreise so schockierende Details, dass der Präsident des Verwaltungsrats des Klubs, David Aguilar, beim Anhören des Programms in Tränen ausbrach.

Um den Verein operierten danach sowohl die vermeintlichen italienischen Investoren mit offenbarem Bezug zur kalabrischen ’Ndrangheta als auch die chinesische Wettmafia – miteinander, teilweise aber auch gegeneinander. Beide unterhielten Verbindungsspieler im Team. Die Ermittler verfügen laut Cope über einschlägige Telefonmitschnitte und WhatsApp-Nachrichten, um folgenden Ablauf zu rekonstruieren:

Das erste verschobene Spiel soll ein 0:4 am 18. Februar bei der zweiten Mannschaft von Villarreal gewesen sein. Dafür, dass die Vorgaben erfüllt wurden (mindestens drei Tore und Niederlage mit mindestens zwei Toren), erhielt jeder beteiligte Spieler 60.000 Euro. Nach identischem Schema und mit gleichem Gewinn wurde auch das nächste Auswärtsspiel am 5. März verschoben, ein 0:5 bei Atlético Baleares.

„Was hast du gemacht, Idiot?“

Einfaches Geld, doch damit wuchs anscheinend auch die Gier. Beim nächsten Spiel am 19. März in Cornellà versuchten einige Spieler zusammen mit den Chinesen, die Italiener zu hintergehen. Die bekamen jedoch Wind von der Sache und sorgten dafür, dass unter anderem Cháfer auf der Bank blieb. Das mit den Chinesen abgesprochene Ergebnis (2:0 oder 3:1 zur Halbzeit) wurde nicht erreicht. Das von den Italiener gewettete 3:0 zur Halbzeit schon, ihr bestelltes Endergebnis von 4:1 jedoch auch nicht.

Offenbar waren auch Spieler der UE Cornellà, eines Vorortklubs von Barcelona, an der Verschiebung aufseiten der Italiener beteiligt. In der ersten Halbzeit sollen sie allzu torhungrigen Spielern von Eldense gesagt haben: „Jetzt nicht, Idioten! Später!“ In der Nachspielzeit verhinderte Eldenses Spieler Emanuel Mendy – der zuvor eine Einladung zur Manipulation über WhatsApp abgelehnt hatte – durch eine Notbremse das geplante 4:1. „Was hast du gemacht, Idiot? 4:1 sollte es sein“, wurde ihm vorgeworfen.

Nach diesem Desaster taten sich Italiener und Chinesen offenbar wieder zusammen. Doch im nächsten Heimspiel gegen Gavà am 26. März lief wieder nicht alles nach Plan. Zwar endete das Spiel wie bestellt mit 0:1, das Tor fiel jedoch in der ersten statt wie gewünscht in der zweiten Halbzeit. Die Drohungen der Asiaten – die Polizei ermittelt auch gegen chinesische Bewohner der ostspanischen Gegend – nahmen zu, die Verluste mussten kompensiert werden. Es folgte der inzwischen berühmt-berüchtigte Auftritt bei der zweiten Mannschaft des FC Barcelona.

Jeder beteiligte Spieler erhielt 150.000 Euro

Die zwei Lager operierten wieder getrennt, wobei sich ihre Wetten diesmal nicht ausschlossen. Die Italiener setzten für das Gastspiel des Tabellenletzten beim Spitzenreiter der Staffel drei auf eine Niederlage mit vier oder mehr Toren: guter Gewinn, aber kein Ergebnis, das übermäßig auffällt – die klassische Schule.

Die Chinesen, Cháfer und die von ihm organisierten Teamkollegen verloren hingegen jede Vorsicht. Nach torlosen Anfangsminuten wurde ein 0:8 zur Halbzeit und gegen Ende der Partie ebenfalls live drei weitere Wetten platziert: zehn Tore, elf, zwölf. Diesmal ging alles glatt. Zur Halbzeit stand es 8:0, das 10:0 fiel in der 78., das 11:0 in der 81., das 12:0 in der 90. Minute. Jeder beteiligte Spieler erhielt nur für diese Partie die Summe von 150.000 Euro – mehr als der normale Karriereverdienst eine spanischen Drittliga-Fußballers.

Unfassbar, unmöglich, unwiederholbar? Cope zitiert die Ermittler: „In der vierten Liga gibt es jede Woche mehrere Spiele, die genauso verschoben sind wie die von Eldense.“ Javier Tebas, Chef von Spaniens Profiliga LFP, ist derselben Meinung. Sein Gremium ist für die Klassen ab der dritten Liga nicht zuständig, nimmt den Kampf gegen die Wettmafia aber ernster als der eigentlich verantwortliche Verband. Tebas sagt: „Anders als die Leute denken, muss sich nicht die ganze Mannschaft verkaufen, um ein Resultat zu fälschen. Drei oder vier Spieler reichen.“ Die von Eldense haben es bewiesen.

Quelle : welt.de

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