Mercedes GLA: SUV oder AMG-Hammer?

  11 April 2017    Gelesen: 980
Mercedes GLA: SUV oder AMG-Hammer?
Das Verlangen nach SUV ist groß. Aber auch der Wunsch, ein sportliches Auto zu fahren, steht bei vielen hoch im Kurs. Mercedes bietet mit dem GLA AMG 45 eine Alternative für beide Welten. Doch alles kann auch der Kraftprotz nicht.
Vom Gedanken, dass ein SUV ausschließlich für den Waldlauf vorgesehen ist, haben sich nicht nur die Hersteller verabschiedet, sondern auch die Kunden. Sie wollen vor allem ein Auto, das im täglichen Einerlei funktioniert und dabei auch noch schick aussieht. Wenn die Zugaben dann so sind, dass man über Stock und Stein gehen kann, ist das ein durchaus dankenswerter Umstand. Ebenso wie der, dass optisch die Attitüde des Offroaders bestehen bleibt, die Auslegung von Fahrwerk, Motorisierung und Aerodynamik aber das knallharte Race auf dem Rundkurs zulassen. Natürlich muss man sich am Ende des Tages für eine der beiden Varianten entscheiden. Denn den Verbund von Offroad und Rennstrecke gibt es dann doch noch nicht.

Bei Mercedes findet man ein derartiges Paket in Form des kompakten GLA, der Anfang des Jahres gerade sein erstes Facelift erhalten hat. Prinzipiell, so betont man in Stuttgart, ist auch das SUV, das nicht so hoch baut wie andere Mitbewerber, immer sportlich ausgelegt. Und tatsächlich sollte bereits der GLA 180, in den man für 29.000 Euro einsteigen kann, ausreichend Fahrspaß bieten. In der Vierzylinderreihe steht der 122 PS starke Einsteiger am unteren Ende der Antriebskette. Der Fronttriebler braucht 9,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und ist in der Spitze 200 km/h schnell. Das reicht für den Alltagsgebrauch, Stadtverkehr und Langstrecke aus.

Ultimativer SUV-Sportler

Prinzipiell haben die Kunden beim GLA die Wahl zwischen drei Fahrwerksvarianten: In Serie gibt es das sogenannte Komfortfahrwerk. In Verbindung mit dem AMG- oder dem Fahrdynamik-Paket wird das Fahrwerk entsprechend sportlich abgesenkt. Und beim Offroad-Komfortfahrwerk hebt sich die Karosserie um drei Zentimeter an. Die optionalen Pakete sind natürlich eher etwas für die potenteren Vierzylindervarianten, die Mercedes dem GLA spendiert hat. Insgesamt stehen elf Modellvarianten bereit, wobei das Highend natürlich der AMG GLA 45 4Matic ist.

Unter seiner Haube pumpt der weltweit stärkste in Serie gebaute Vierzylinder. Er schöpft unterdessen 381 PS aus zwei 2000 Kubikzentimetern Hubraum - das entspricht einer Literleistung von 191 PS - und generiert ein maximales Drehmoment von 475 Newtonmeter. In Leistungsdaten übersetzt heißt das, dass der GLA als AMG 45 Tempo 100 in 4,4 Sekunden erreicht und bis zu 250 km/h schnell wird. Abgeregelt versteht sich. Auf dem Hungaroring beeindruckte aber neben dem spontanen Ansprechverhalten und der enormen Drehfreude auch die Kraftverteilung durch die deutlich kürzere Übersetzung der 7-Gang-Speed-Shift. Wer sich hier mit dem Automaten in Konkurrenz stellt, kann eigentlich nur verlieren. Dank der kürzer gewählten Übersetzungen der Gänge drei bis sieben, kann es auf freier Strecke richtig zur Sache gehen. Gefühlt beschleunigt der AMG noch spontaner, und tatsächlich sind die Anschlüsse der Schaltzeiten, gerade wenn es aufwärts geht, extrem schnell.

"Race" für den Rundkurs

Um der Kraft auf dem Rundkurs Herr zu werden, ist der AMG natürlich mit Allradanrieb ausgestattet. Spürbar wird die stufenlose und variable Momentverteilung an beide Achsen spätestens dann, wenn das kleine Renn-SUV mit Schmackes in eine der 14 Kehren auf dem 4,4 Kilometer langen Kurs geschickt wird. In Sekundenbruchteilen wird die Kraft durch die im Hinterachs-Differenzial integrierte Lamellenkupplung an die Hinterräder geleitet, wenn die Fronträder Traktion verlieren. Das Verhältnis für Vorder- und Hinterachse kann hier auf 50:50 gespreizt werden. Wer für den GLA AMG 45 das absolute Performance-Gefühl haben möchte, entscheidet sich für das AMG-Dynamik-Plus-Paket. Darin versteckt sich auch das zusätzliche Fahrprogramm "Race". Und wie der Name schon sagt, liegt hier das Augenmerk auf der Rennstrecke.

Wer die Einstellung wählt, zieht seine Runden im absolut verschärften Modus. Die elektronischen Helferlein werden erst im absoluten Notfall eingreifen und lassen dem Piloten ausgesprochen viel Spielraum. Damit wächst selbstredend auch die Eigenverantwortung. Angst muss man jetzt aber nicht bekommen. Die Affalterbacher Ingenieure haben den 45 so abgestimmt, dass der Grenzbereich zwar weit nach hinten verschoben wurde, es aber fast unmöglich ist, die Kontrolle komplett über den Wagen zu verlieren. Klar, wenn er ausbricht ist die tolle Rundenzeit gestorben, Schäden an Leib und Leben sind aber kaum zu erwarten. Immer vorausgesetzt, es ist der nötige Platz da. Bäume am Straßenrand oder entgegenkommende Fahrzeuge kann die beste Elektronik nicht wegschaffen. Wer aber den kleinen Boliden an der richtigen Stelle und mit Bedacht fährt, kann neben dem Fahrspaß auch den typischen AMG-Klang genießen. Den haben die Tuner nämlich auch beim Vierzylinder erstaunlich gut hinbekommen. Vom tiefen Brabbeln bis zum harten Husten ist alles dabei.

Doch nochmal zurück zur Rundenzeiten: Für die sorgt auch die mit dem Facelift verbesserte Aerodynamik. Augenfällig wird das in Form der neu gestalteten Frontschürze und der neuen Abrisskante auf dem Dachspoiler. Dadurch wurde im Übrigen auch der Luftwiderstandsbeiwert, also der cw-Wert, im Vergleich zum Vorgängermodell auf 0,33 gesenkt. Das sorgt auch für bessere Verbrauchswerte, AMG spricht von 7,4 Litern im Drittelmix. Etwas mehr dürfte es dann aber doch werden. Vernachlässigt man die Ausritte auf dem Hungaroring, waren es knapp 9,8 Liter die der GLA AMG 45 für sich beanspruchte. Aber nicht nur der Verbrauch könnte GLA-Interessenten schrecken, auch der Einstiegspreis des Sportlers im Offroad-Kleid ist mit knapp 57.000 Euro nicht ohne.

Vom Rundkurs ins Gelände

Also drehen wir noch mal zurück und gucken auf die Alternativen, die dann eben auch die zweite Welt des SUV erschließen, den Offroad-Bereich. Wichtig ist hier nur, dass eins der 4Matic-, also Allradmodelle gewählt wird. Opener ist bei den Benzinern der GLA 200 für 37.000 Euro, bei den Diesel-Modellen der 220d für 38.000 Euro. Bei diesen Modellen ist nämlich im Gegensatz zu den frontgetriebenen Fahrzeugen das Offroad-Paket gleich enthalten. Und tatsächlich ist es erstaunlich, was man mit dem kleinen SUV alles bewältigen kann. Gefahren wurde hier der GLA 220 mit dem neuen 184 PS starken Vierzylinder-Benziner, der auf dem Parkour einen sehr guten Eindruck hinterließ. Die 300 Newtonmeter verteilten sich gefühlvoll an die Räder, und auch bei den Steigungsfahrten wirkte das SUV sehr leichtfüßig.

Die vollvariable Momentverteilung an beide Achsen erwies sich als ausgesprochener Vorteil. Verschränkungen konnten ebenso problemlos überfahren werden wie Steigungen mit einem ordentlichen Gefälle. Dabei hilft dem Fahrer auf Wunsch die Bergabfahrhilfe, die jetzt auch beim Rückwärtsfahren funktioniert. Echten Offroad-Fans wird zudem die Einblendung der Seitenneigung im Zentraldisplay über der Mittelkonsole freuen. Hilfreich kann hier auch die erstmals in diesem Segment angebotene 360-Grad-Kamera sein. Steine, Wurzeln und andere für Fahrwerk, Blech und Lack unangenehme Erscheinungen sollten so nicht mehr unsichtbar bleiben, denn die sieben verschiedenen Splitscreen-Ansichten geben den Blick auch darauf frei.

Alternative für jeden Tag

Allerdings muss sich der Pilot an die Darstellung beim Fahren gewöhnen. Denn er steuert seinen Wagen hier ähnlich wie bei einem Computerspiel aus der Draufsicht. Gewöhnungsbedürftig, aber extrem hilfreich. Zwar wird der GLA am Ende nicht die Steinfelder am Buffalo Mountain überfahren, aber andere Wege als ein herkömmlicher Kompakter kann er mit Sicherheit gehen. Wer will, kann die Bodenfreiheit optional auch noch durch das Offroad-Komfortfahrwerk um drei Zentimeter anheben.

Doch kommen wir noch einmal auf die eingangs erwähnte sportliche Abstimmung aller GLA-Modelle zurück. Fakt ist, dass die kleinen SUV im Alltagsgebrauch straff, aber nicht hart sind, durch eine angenehm direkte und gefühlvolle Lenkung überzeugen und mit ausreichend Platz für die Fondpassagiere gesegnet sind. Mit 421 bis 1235 Liter Kofferraumvolumen lässt sich auch das eine oder andere hinter der Heckklappe verstauen, die jetzt auf Wunsch auch mit Fußwedler aufspringt. Wer nun gerne einen AMG hätte, aber auch die Offroad-Fähigkeiten nicht missen will, dem sei hier eine mögliche Option an die Hand gegeben: Der GLA 250 4Matic leistet 211 PS, beschleunigt in 6,7 Sekunden von null auf Tempo 100 und wird 235 km/h schnell, was für die linke Spur reichen sollte.

Wenn man diesem Wagen noch das AMG-Paket für 2800 Euro angedeihen lässt, ist man bei einem Einstiegspreis von 41.800 Euro. Zugegeben, auch das ist ein Haufen Geld. Dennoch ist es deutlich weniger, als für den AMG bezahlt werden muss. Und abseits der Rennstrecke fühlt sich das Ganze auch kein bisschen unsportlicher an.

Quelle: n-tv.de

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