Donald Trump und die Feministinnen von Berlin

  26 April 2017    Gelesen: 406
Donald Trump und die Feministinnen von Berlin
Als Bundeskanzlerin Angela Merkel im Hotel Intercontinental in Berlin zum Familienfoto bittet, vermittelt der Medien-Auftrieb den Eindruck eines Großereignisses irgendwo zwischen G20-Gipfel und Berlinale.
Denn so hochkarätig der W20-Frauengipfel etwa mit IWF-Chefin Christine Lagarde oder der niederländischen Königin Maxima auch besetzt ist: Die Kameraleute und Fotografen lauern vor allem auf einen Gast aus Übersee - die "First Daughter", wie der offizielle Titel von Ivanka Trump als Tochter des US-Präsidenten lautet.

Aber nach dem Blitzlichtgewitter macht die 36-Jährige, die sich auf gewohnt hohen Pumps und im grau-schwarz-weißen Kleid präsentiert, schnell klar, dass sie in der deutschen Hauptstadt keineswegs die Rolle als Polit-Promi-Sternchen spielen will. "Ich bin hier um zuzuhören, um zu lernen", betont die Mode-Unternehmerin in der Debatte zur Förderung von Frauen in Führungspositionen mit ihrer heiseren Stimme zwar demütig, aber selbstbewusst. Vorsichtshalber hat sie am Dienstag einen Meinungsstück zu Frauenfragen in der "New York Times" und der "Financial Times" platziert, um ihre Expertise zu betonen. Später besucht sie noch das Siemens-Ausbildungszentrum und das Holocaust-Mahnmal.

Auch wenn der Umgang mit Ivanka Trump betont freundlich ist: Als erstes muss sie vor allem den deutschen Zuhörerinnen dann doch ihre Rolle als "First Daughter" erklären. Und als sie ihren Vater Donald dann auch noch für dessen Einsatz für den Aufstieg von Frauen lobt, wird im Publikum gezischt und gelacht. Denn dem US-Präsident wird ein teilweise verächtlicher Umgang mit Frauen vorgeworfen, was Ivanka Trump zurückweist. Aber dies bleiben die einzigen Schärfen in einer betont lockeren Runde einiger der einflussreichsten Frauen der Welt. Dafür ist Einigkeit zu groß, dass die Welt eine bessere wäre, wenn mehr Frauen in Führungspositionen seien. Dazu bekennt sich auch Ivanka Trump ausdrücklich, die sich selbst als Feministin sieht.

Als Merkel gefragt wird, ob das auch für sie zutrifft, kommt sie ein einziges Mal richtig ins Trudeln. Sie wolle ja keinen Titel für sich beanspruchen, den andere wie Alice Schwarzer sich erkämpft hätten, sagte die CDU-Vorsitzende - wohl wissend, dass der Begriff für etliche CDU-Männer wie ein rotes Tuch wirkt. Aber als die niederländische Königin dann die Definition anbietet, Feministin sei doch jede Frau, die für die Selbstbestimmung aller anderen eintrete, fügt Merkel erleichtert hinzu: "Ok, dann bin ich auch eine."

Unterschiede werden aber doch sichtbar. Während Ivanka Trump besonders die wichtige Förderung durch ihren Vater betont, bekennen sich die wesentlich älteren Frauen Merkel und Lagarde dazu, sich in einer Männerwelt durchgesetzt zu haben und zeigen eine gewisse Ungeduld mit dem anderen Geschlecht. Die normalerweise geschliffen-charmante IWF-Chefin klingt sehr scharf, als sie Unternehmer weltweit auffordert, endlich ihre Daten über die Bezahlungen ihrer weiblichen und männlichen Mitarbeiter offenzulegen. Und Merkel verteidigt die Quote für Frauen in Aufsichtsräten mit dem lakonischen Hinweis, sie könne nicht noch weitere 50 Jahre warten, bis von Männern geführte Konzerne ihre Politik vielleicht doch noch ändern sollten. Und eigentlich sind sie sich in der Runde mit der Bank of America-Vizechefin Anne Finucane in einem einig: Frauen können insgesamt mit Geld verantwortlicher umgehen als Männer.

Dass nicht nur die Kameras und Fotografen, sondern auch die Politikerinnen Ivanka Trump umgarnen, ist wenig überraschend. Denn deren Vater hatte dafür gesorgt, als Geist mit im Raum zu sein - er freue sich, sie beim W20 reden zu hören, twitterte er noch vor Beginn der Veranstaltung. Aber es hätte dieses Zurufs aus Washington gar nicht bedurft: Spätestens sei die Jung-Unternehmerin am 29. März offiziell zur Beraterin des Präsidenten berufen wurde, gilt sie als einflussreichste Einflüsterin ihres Vaters - wozu sie sich in Berlin auch ausdrücklich bekennt. Sie werde das hier Gelernte mit zurück in die USA nehmen, "auch zu meinem Vater, dem Präsidenten", sagt sie. Das, so lassen Merkel und auch die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland durchschimmern, ist auch durchaus gewünscht. Denn die Einladung der Präsidenten-Tochter hat in Wahrheit weniger mit einzigartigen Erfahrungen als Unternehmerin zu tun. Sie soll vielmehr schrittweise in ein weltweites Netzwerk von Kontakten eingebaut werden, um zusammen mit ihr die schlimmsten befürchteten Alleingänge ihres Vaters zu verhindern.

Nur einmal entsteht in der Runde scherzhafter Ernst: Als die Kanadierin Freeland schwärmt, ihr Premierminister Justin Trudeau sei ein echter Feminist und der größte Frauenförderer überhaupt, hebt Angela Merkel nur lächelnd den Zeigefinger in die Höhe und das Publikum lacht. "Es stimmt", räumt Freeland daraufhin etwas kleinlaut ein. "Einen weiblichen Premier hatten wir noch nicht - touché."

Quelle. reuters.de

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