Hamburg spricht erste Diesel-Fahrverbote aus

  03 Mai 2017    Gelesen: 971
Hamburg spricht erste Diesel-Fahrverbote aus
Luftschadstoffe beunruhigen Millionen Deutsche gerade in Ballungsräumen. Hamburgs Umweltsenator hat nun den lang erwarteten Luftreinhalteplan vorgelegt – und der birgt einige Überraschungen.
Die beste Nachricht gleich vorweg: So schlecht wie gedacht ist die Luft in Hamburg gar nicht. Ein Gutachten aus dem Jahr 2012 hatte noch ergeben, dass 214.404 Menschen auf 234,5 Straßenkilometern von schädlichen Abgasen betroffen seien. Das stimmt aber nicht, besagt das neueste Gutachten, auf das sich der am Dienstag vorgestellte und seit langem erwartete Luftreinhalteplan für die Stadt Hamburg stützt. Demnach leiden erheblich weniger Anwohner – nämlich 41.358 Bürger auf 40,8 Kilometern – unter den überschrittenen Stickstoffdioxid-Grenzwerten (NO2).

Das ändert nichts daran, dass der Maßnahmenkatalog, den Umweltsenator Jens Kerstan gestern vorlegte, jedenfalls zeitlich dringend nötig war. Das Verwaltungsgericht Hamburg hatte die Stadt schon im Oktober 2014 verurteilt, „in der kürzest möglichen Zeit“ den Luftreinhalteplan fortzuschreiben. Erst im März dieses Jahres verpflichtete das Gericht den rot-grünen Senat, spätestens bis Ende Juni Ergebnisse zu liefern. Dem kamen die zuständigen Behörden nun nach.

Durchfahrtsbeschränkung für Dieselfahrzeuge

Damit die Grenzwerte bis 2025 überall in Hamburg eingehalten werden können, sind teilweise gravierende Maßnahmen nötig. Auf der Max-Brauer-Allee (Teilstück: 580 Meter) sowie der Stresemannstraße (1720 Meter) in Altona wird es künftig eine Durchfahrtsbeschränkung für Dieselfahrzeuge geben, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Dies gilt in beiden Straßen für Lkw, in der Max-Brauer-Allee zusätzlich für Pkw. Eine Umsetzung kann jedoch erst dann erfolgen, wenn das Bundesverwaltungsgericht darüber entschieden hat, ob Länder und Kommunen tatsächlich lokale Beschränkungen für bestimmte Motorentypen an einzelnen Straßen anordnen dürfen. Mit dem Urteil rechnet Kerstan, der das Teil-Verbot für Dieselfahrzeuge für „notwendig und vertretbar“ hält, noch 2017.

In der Opposition sieht man das partielle Fahrverbot mit gemischten Gefühlen: „Senator Kerstan und die Grünen konnten sich mit ihren ursprünglichen Vorstellungen hinsichtlich Fahrverboten, City-Maut und Umweltzonen größtenteils nicht durchsetzen. Das ist eine gute Nachricht für Hamburg“, erklärte Stephan Gamm, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Gleichwohl sei die vorgelegte Lösung eine Belastung für tausende Berufstätige, Handwerker und andere Verkehrsteilnehmer.

Für Kerstan gibt es zu diesem drastischen Schritt keine Alternative, schließlich führen verschiedene mildere, gesamtstädtisch wirkende Maßnahmen wie unter anderem der ÖPNV-Ausbau, die Förderung des Radverkehrs (jährliche Investition von 20 Millionen Euro) die Flottenmodernisierung von Bus und Bahn sowie der Ausbau von Elektromobilität an den konkreten Streckenabschnitten nicht zu der notwendigen Verbesserung der Luftqualität. „Als erste Großstadt legen wir einen Plan vor, der alle Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin berechnet“, sagte Kerstan. Ob Tempo-30-Zone oder neuer Radschnellweg – der neue Luftreinhalteplan zeige auf, was die einzelnen Maßnahmen tatsächlich bringen.

Eine Besonderheit gibt es entlang der Elbe, was die Anwohner allerdings längst wussten: Altona und Blankenese werden überaus stark von den Abgasen der Schiffe belastet. Der Anteil an der Stickstoffdioxid-Belastung beträgt an einigen Straßen wie zum Beispiel an der Palmaille, der Großen Elbstraße oder in Neumühlen rund 80 Prozent. Der Senat hat darauf reagiert: So sollen am Burchardkai der HHLA vier sogenannte PowerPacks eingesetzt werden. Dies sind Container mit Flüssiggas, die während der Liegezeit an Bord von Schiffen gehievt werden und statt der Schiffsdieselmotoren für eine abgasarme Energieversorgung der Frachter sorgen. Für die Anschaffung werden laut Kerstan Bundesmittel verwendet. Auch darüber hinaus sollen die Aktivitäten im Hafen verstärkt werden. Saubere Schiffe dürfen künftig mit Rabatten, schadstoffreiche müssen mit Strafen rechnen. Zudem sollen zwei neue Landstromanlagen in Altenwerder und am Eurogate entstehen – dann müssen diese nur noch genutzt werden.

Darum, wie knifflig die Aufgabe war, macht Jens Kerstan keinen Hehl: „Vor zwei Jahren war ich mir nicht sicher, ob wir es schaffen.“ Nun sei es aber gelungen, dass bis 2020 nur noch 1339 Personen von überschrittenen Grenzwerten betroffen sein werden. Ob die EU, die die Grenzwerte schon 2010 verbindlich einführte, und die Gerichte noch so lange Geduld mit der Stadt Hamburg haben? „Wenn die EU das nicht akzeptiert, muss sie uns sagen, wie das anders möglich sein soll“, erwiderte Kerstan.

Quelle : welt.de

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