Schulz dringt auf Abzug aus Incirlik

  16 Mai 2017    Gelesen: 801
Schulz dringt auf Abzug aus Incirlik
Die Bundesregierung gibt sich abwartend, SPD-Kanzlerkandidat Schulz macht dagegen Druck: Er fordert eine schnelle Suche nach Alternativen zum Bundeswehrstandort im türkischen Incirlik. Das dortige Besuchsverbot will er nicht hinnehmen.
Nach dem erneuten Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete beim Bundeswehr-Kontingent auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik fordert SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz eine schnellere Suche nach einem Alternativstandort. Schulz sagte der ARD, wäre er Bundeskanzler, hätte die Suche nach einem alternativen Standort "schon längst" begonnen.

Am "meisten schockiert" habe ihn die türkische Begründung des Besuchsverbots mit Asylentscheidungen in Deutschland. "Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht erpressbar", machte Schulz deutlich.

Außenminister Sigmar Gabriel setzt dagegen auf ein Einlenken der Türkei im Streit über das Besuchsverbot. "Die Abgeordneten müssen das Recht haben, die Bundeswehr zu besuchen", sagte der SPD-Politiker in Berlin. "Wenn es bei dieser endgültigen Absage bliebe, dann allerdings glauben wir nicht, dass wir in der Türkei weiter die Bundeswehr stationieren können. Wir hoffen allerdings, dass die Türkei ihre Position nochmal ändert."

Die Bundesregierung hatte zuvor erstmals offen mit einem Abzug der deutschen "Tornado"-Aufklärungsjets gedroht. Bundeskanzlerin Angela Merkel will aber zunächst weiter in Gesprächen nach einer Lösung des Streits suchen. Die türkische Entscheidung nannte sie "misslich", das Auswärtige Amt sprach sogar von einem "absolut inakzeptablen" Verhalten. Merkel machte zudem klar, dass das Besuchsrecht für deutsche Abgeordnete bei den Bundeswehrsoldaten nicht verhandelbar sei.

Türkische Offiziere bekommen Asyl

Deutschland beteiligt sich von Incirlik aus mit Aufklärungs-Tornados und Tankflugzeugen am Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Eine Delegation des Verteidigungsausschusses des Bundestages wollte eigentlich am Dienstag zu den Bundeswehrsoldaten auf der südtürkischen Luftwaffenbasis reisen. Am Montag teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit, dass die Regierung in Ankara den Besuch nicht ermöglicht.

Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Hellmich sprach sich dafür aus, den Abzug sofort einzuleiten. "Wir lassen uns nicht erpressen", sagte der SPD-Politiker. Linke und Grüne halten einen Abzug für überfällig. Der CDU-Verteidigungsobmann Henning Otte forderte dagegen lediglich, "mit höherer Dringlichkeit alternative Stationierungsorte in Betracht zu ziehen". Favorit unter den Alternativstandorten ist Jordanien.

Hintergrund ist offenbar, dass Deutschland zuletzt mehreren Offizieren der türkischen Armee Asyl gewährte. Die Bundesregierung erwägt nun eine Verlegung der in Incirlik stationierten Soldaten, will sich aber gleichzeitig weiter um eine Besuchsmöglichkeit bemühen.

Im vergangenen Jahr hatte Ankara bereits deutschen Abgeordneten aus Ärger über eine Resolution des Bundestags, in der die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord eingestuft worden waren, den Zugang zu dem Stützpunkt in Incirlik verweigert. Der Streit konnte erst nach mehreren Monaten beigelegt werden - im Oktober durfte der Bundeswehr-Standort besucht werden.

Quelle: n-tv.de , mli/AFP/dpa

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