Der Schwiegervater der Frau, die sich mit ihrer Familie dem IS in Syrien anschloss, hatte das Geld rund ein Jahr lang mit der EC-Karte seiner Schwiegertochter abgehoben. Bei einer Razzia im Februar 2016 waren bei ihm 19.200 Euro in bar gefunden worden. Der Schwiegervater wurde inzwischen wegen Betrugs verurteilt. FCOUS Online hat bei den Behörden nachgefragt, wie es dazu kommen konnte.
Wie flog der Sozialbetrug auf?
Der Betrug war im Rahmen von Ermittlungen des niedersächsischen Landeskriminalamtes (LKA) ans Licht gekommen. Gegen die Eheleute wurde ein Verfahren wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat eingeleitet, bestätigte LKA-Sprecher Frank Federau FOCUS Online. Das Verfahren sei noch immer nicht abgeschlossen. Nähere Angaben wollte Federau jedoch wegen des laufenden Verfahrens nicht machen.
Stadt Wolfsburg wurde im September 2015 informiert
Die Stadt Wolfsburg, die Betreuungsgeld für die Kinder zahlte, sei am 8. September 2015 vom LKA über den Fall eines möglichen Sozialbetrugs informiert worden, sagte Pressereferentin Elke Wichmann FOCUS Online. „Als wir feststellten, dass die Familie nicht erreichbar war, haben wir die Zahlungen noch im gleichen Monat eingestellt.“ Zum genauen Betrag wollte Wichmann aus Datenschutzgründen keine Angaben machen. Der Durchschnittsbetrag liege jedoch bei 150 Euro pro Monat und Kind. Das LKA teilte mit, dass die Stadt Wolfsburg aus „ermittlungstechnischen Gründen“ nicht vorher über den Betrug hätte informiert werden können.
Bundesagentur für Arbeit soll erst im Januar 2016 vom Betrug erfahren haben
Die Mutter bezog neben Kindergeld auch noch Arbeitslosengeld I in Höhe von 1196 Euro monatlich. Das Arbeitslosengeld lief nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) im September 2015 aus. Vom LKA sei die Arbeitsagentur erst im Januar 2016 über die Ortsabwesenheit der betroffenen Familie und das Ermittlungsverfahren gegen den Schwiegervater der Ehefrau in Kenntnis gesetzt worden, teilte eine Sprecherin FOCUS Online mit. Die BA habe daraufhin ein Aufhebungs- und Erstattungsverfahren gegen die Familie eingeleitet.
Debatte um Informationspflicht zwischen Behörden entbrannt
Auf die Nachfrage, warum die Stadt Wolfsburg nicht von sich aus schon im September 2015 vorsorglich die Bundesagentur für Arbeit über den Vorfall in Kenntnis gesetzt hatte, erklärte Pressereferentin Wichmann: „Dass die Meldebehörde bei Wegzügen ins Ausland oder Abmeldungen von Amtswegen automatisch an andere Behörden weitergibt, ist datenschutzrechtlich nicht zulässig.“
Auf Landes- und Bundesebene ist nun eine Debatte über die Informationspflicht zwischen den Behörden entbrannt. Stephan Mayer, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktionen im Bundestag, forderte von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) schnelle Aufklärung darüber, „welche niedersächsischen Behörden wann was wussten und ob hier geschlampt wurde“. Es könne nicht sein, „dass der deutsche Staat ein Jahr lang mutmaßliche Terroristen finanziert“, sagte Mayer der „Welt“.
In Schweden soll es mehrere vergleichbare Fälle von Sozialbetrug gegeben haben. Dies war bei einer Studie zu 300 Staatsbürgern herausgekommen, die zwischen 2013 und 2016 zum Kampf nach Syrien oder in den Irak gereist waren, berichtet die „Welt“. In Deutschland hingegen seien keine ähnlichen Fälle wie jene der Wolfsburger Familie bekannt, teilte die Bundesagentur für Arbeit FOCUS Online mit.
Quelle: focus
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