Seit 20 Jahren ist das 3000-Quadratmeter-Anwesen im Besitz des Emirates. Ursprünglich sollte es zum Botschaftsgebäude werden. Dass Katar dann doch an einer anderen Stelle, am nicht minder schicken Roseneck in Grunewald, ein neues Botschaftsgebäude errichtete, wurde stets auf eine nackte Tatsache zurückgeführt. Denn den Giebel der 1907 für den Verleger Franz Calé in Zehlendorf errichteten Villa ziert eine barbusige Dame: Eine Mutterfigur, die ihre Arme nach zwei Kindern ausstreckt.
Dieser Anblick scheint mit der muslimischen Moralvorstellung Katars nicht vereinbar zu sein. Es sind die Werte eines Landes, das die Geschlechter im öffentlichen Leben so weit voneinander trennt, dass sich Frauen und Männer an unterschiedlichen Bankschaltern anstellen. Und es sind die Werte eines Landes, in dem Frauen im traditionellen Abaya auf die Straße gehen, einem Gewand, das bis auf kleine Flächen die Haut bedeckt und Körperformen verwischt.
Eine Frage des Denkmalschutzes
Kaum verwunderlich, dass es vonseiten Katars Versuche gegeben hat, den Giebel von den vermeintlich anzüglichen Darstellungen zu bereinigen. Sie scheiterten am Widerstand des Landesdenkmalamtes. Schließlich, so die Sprecherin der Behörde Christine Wolf, sei der Giebel das markanteste Schmuckstück der Villa. Die Diskussion darum sei „seit Jahren ein Problem“.
Die Botschaft von Katar hat es jetzt auf eine sehr eigene diplomatische Weise gelöst. Anlass ist die Wiedereröffnung des Gebäudes im Deutsch-Katarischen Kulturjahr 2017. Nach einer jahrelangen Renovierung dient die Villa als Gästehaus der Botschaft. Damit die Besucher nicht rot werden, wurde der Giebel kurzerhand mit zwei Fahnen in den Nationalfarben von Katar – und der Bundesrepublik – verhüllt. Die Deutschlandfahne dient neben der des Emirates als eine Art Burka: Die Frau ist nicht mehr zu sehen.
Burkard Dregger empört über rückwärtsgewandtem Islam
Der Berliner CDU-Politiker Burkard Dregger findet das bedauerlich. Bei aller Skepsis gegen Katar würdigt er zwar, dass der Staat die einst verfallene Zehlendorfer Villa in diesen „herrlichen Zustand“ versetzt hat. Aus denkmalspflegerischer Sicht seien die Fahnen allerdings nicht gerade vorteilhaft. Und wenn das Berliner Landesdenkmalamt die Verhüllung einer klassizistischen Fassade verbieten sollte, dann müsste sich auch Katar fügen.
Zudem stehe hinter der Verhüllungsaktion die schwierige Rolle der Frau im politischen Islam. „Natürlich“, sagt der Vertreter des Berliner Abgeordnetenhaus, „haben diese rückwärtsgewandten Betonmuslime Schwierigkeiten damit, die Schönheit der Schöpfung zu zeigen.“ Aus ästhetischer Sicht sei das völlig unverständlich. Der Giebel sei in seiner unverhüllten Form überaus anmutig. „Falls das Landesdenkmalamt gegen die Verhüllung des Giebels vorgehen und sagen sollte, die Brüste müssen sichtbar sein, würde ich das begrüßen. Sie sind allemal schöner als die beiden Fahnen.“
Quelle : welt.de
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