Warum schwitzt der Mensch?
Hunde hecheln, wenn ihnen zu warm ist. Der Mensch hat dagegen seine eigene Klimaanlage aus etwa zwei Millionen Schweißdrüsen. Steigt die Körpertemperatur auf mehr als 37 Grad Celsius, produzieren diese zunächst geruchlosen Schweiß. Dafür besitzt er zwei verschiedene Arten von Drüsen:
Die sogenannten ekkrinen Schweißdrüsen sind überall auf der Körperoberfläche zu finden. Sie geben vor allem Wasser und Salze ab. Die Flüssigkeit enthält zudem Mineralstoffe wie Kalzium und Magnesium sowie körpereigene Abwehrstoffe.
Daneben existieren noch apokrinen Drüsen, die sich mit Eintritt der Pubertät bilden. Sie befinden sich in den Achselhöhlen, im Genital- und im Analbereich. Beim Schwitzen geben sie eine wässrig-ölige Flüssigkeit ab, die zunächst ebenfalls geruchlos ist. Darin enthalten sind Fette, Aminosäuren, Eiweiße, Zucker und Steroide.
Der Schweiß kühlt den Körper, indem er an der Hautoberfläche verdunstet. Das schützt vor Überhitzung. Im Schnitt verlieren wir durchs Schwitzen an normalen Tagen etwa einen halben bis einen dreiviertel Liter Flüssigkeit. An heißen oder körperlich anstrengenden Tagen sind es rund zwei bis drei Liter Flüssigkeit, in Extremfällen sogar weit mehr. Die Schweißproduktion nimmt mit zunehmendem Alter ab. Bei älteren Menschen besteht daher ein höheres Risiko einer Überhitzung.
Wenn der Schweiß geruchslos ist, wieso riecht man dann unter den Achseln?
Schuld sind Bakterien. Die warmen und feuchten Achselhöhlen sowie die Achselhaare (falls vorhanden) bieten den Mikroorganismen perfekte Lebensbedingungen. Hinzu kommt, dass die Drüsensekrete die Bakterien ständig mit Nahrung versorgen. Bei der Zersetzung der Sekrete entstehen Stoffe wie ungesättigte kurzkettige Fettsäuren, die den Schweißgeruch verursachen.
Männer und Frauen haben eine unterschiedliche Achselflora, werden also von verschiedenen Bakterien bewohnt. Das erklärt Unterschiede beim Schweißgeruch. Das individuelle Bouquet hängt von weiteren Einflussfaktoren ab, zum Beispiel der Nahrung, den Genen und der Kleidung: Manche Bakterienstämme wachsen auf Synthetik besser als auf Baumwolle.
Wie wirken sich Emotionen aufs Schwitzen aus?
Das vegetative Nervensystem steuert die Schweißabgabe. Dabei handelt es sich um den Teil des Nervensystems, der unter anderem auch Puls, Blutdruck oder Atmung reguliert. Sind wir gestresst, aktiviert er die apokrinen Drüsen. Mit dem Angstschweiß werden Emotionen für andere Menschen riechbar. In der Frühzeit des Menschen war das wichtig, um anderen Mitgliedern der Gruppe Gefahr zu signalisieren.
Der Schweißgeruch scheint aber auch bei der Partnerwahl zu helfen, da er Informationen über die Immunausstattung des Gegenübers liefert. Eine gutes Immunsystem schützt das Überleben der Nachkommen - ebenfalls ein Relikt aus frühen Zeiten.
Wann schwitzen wir normalerweise?
Das vegetative Nervensystem dreht auf Geheiß des Hypothalamus - einer wichtigen Schaltzentrale im Gehirn - den Schweißhahn auf und zu. Über den Nervenbotenstoff Acetylcholin erteilen Nervenfasern den Drüsen den Befehl zur Schweißbildung: Bei Stress und Angst vor Prüfungen, bei Aufregung, körperlicher Anstrengung, in der Sauna, in der prallen Sonne sowie beim stoffwechselanregenden Essen fetter, scharfer Speisen, bei üppigen Mahlzeiten, Alkoholkonsum oder bei hohem Fieber.
Was tun gegen Schweißgeruch?
Verbraucher haben die Wahl zwischen Deodorants und Antitranspirantien, die in der Achselhöhle aufgetragen werden. Deos enthalten bakterienhemmende Zusatzstoffe, die die Geruchsbildung dämpfen. Allerdings können sie nur richtig wirken, wenn der Körper frisch gewaschen ist. Ansonsten riecht der Mensch ja schon.
Antitranspirantien wirken noch umfassender. Sie hemmen die Bildung von Schweiß und Körpergeruch auf zweierlei Arten: Aluminiumsalze bilden eine gelförmige Substanz, die vorübergehend einen kleinen Pfropfen auf der Oberfläche der Schweißdrüse formen. Es gelangt folglich weniger Schweiß an die Hautoberfläche. Zugleich reduzieren antimikrobielle Stoffe die Bakterienzahl. Der Schweißgeruch fällt "milder" aus. Allerdings gibt es Studien, die Aluminiumdeos mit einem höheren Risiko für Brustkrebs in Verbindung bringen. Um etwaige Risiken klein zu halten, sollte man nur Antitranspirantien verwenden, deren Aluminiumgehalt unter 15 Prozent liegt und sie maximal alle ein bis zwei Tage benutzen. Aluminumhaltige Deos sollten auch nicht auf frisch rasierte Haut aufgetragen werden.
Was passiert, wenn die Klimaanlage des Körpers völlig verrückt spielt?
Es gibt Menschen, die schwitzen gar nicht (Anhidrose) oder weniger, als normal ist (Hypohidrose) - und es gibt Menschen, die schwitzen übermäßig viel (Hyperhidrose). Die folgenden Fragen und Antworten beschäftigen sich mit Menschen, bei denen die Drüsen deutlich zu viel Schweiß absondern.
Welche Ursachen kann übermäßiges Schwitzen (Hyperhidrose) haben?
Rund fünf Prozent der Bevölkerung - möglicherweise sogar bis zu zehn Prozent - leiden an einer Hyperhidrose. Zwei Formen sind zu unterscheiden:
Primäre Hyperhidrose: Diese Form des übermäßigen Schwitzens ist zumeist erblich bedingt. Wahrscheinlich sind das sympathische Nervensystem und das Acetylcholin überaktiv, die zusammen die Drüsen zur Schweißproduktion anregen. Die Betroffenen schwitzen oft nur an bestimmten Körperstellen wie zum Beispiel den Achselhöhlen oder an den Händen. Eine ursächliche Grunderkrankung ist nicht feststellbar. Ebenso wenig sind Stress und körperliche Anstrengung schuld.
Sekundäre Hyperhidrose: Bei dieser Form entsteht das Schwitzen - zumeist am ganzen Körper - infolge einer Erkrankung. Auch Nachtschweiß und akute Schweißausbrüche können auftreten. Mögliche Ursachen für eine sekundäre Hyperhidrose sind Infektionskrankheiten wie Grippe, Erkältung, Malaria und Sepsis, Diabetes, Schilddrüsenüberfunktion, Herzschwäche, Tumorerkrankungen, hormonelle Veränderungen zum Beispiel während der Wechseljahre, starkes Übergewicht, Mangelernährung, Magersucht und Blutarmut. Auch Medikamente wie Betablocker, Antidepressiva, Schilddrüsenhormone und Kortisonpräparate können übermäßiges Schwitzen zur Folge haben.
Was können Betroffene selbst gegen übermäßiges Schwitzen machen?
Es sind einfache Tipps, die aber zumindest unterstützend helfen können.
Luftdurchlässige, lockere Bekleidung aus Naturmaterialien tragen und nach dem Zwiebelprinzip kleiden.
Idealgewicht halten oder abnehmen. Bei starkem Übergewicht stört das vermehrte Unterhautfettgewebe die Wärmeregulation. Vermutlich spielen aber noch andere Faktoren eine Rolle.
Sich möglichst viel bewegen. Wer regelmäßig körperlich aktiv ist, unterstützt sein vegetatives Nervensystem. Das wirkt sich auch regulierend auf die Schweißabsonderung aus.
Möglichst keine fettreichen, scharf gewürzten Speisen verzehren. Auch Alkohol, Nikotin und Kaffee können das Schwitzen fördern.
Deodorants nutzen und täglich mit Reinigungsmitteln aus synthetischen Rohstoffen oder pH-neutralen Seifen duschen.
Lederschuhe mit durchgehender Ledersohle oder Sandalen tragen. Sie sind bei Schweißfüßen besser als Schuhe mit Kunststoffsohlen.
Frauen in den Wechseljahren können versuchen, ob ihnen Traubensilberkerzenpräparate aus der Apotheke helfen. Wissenschaftlich nachgewiesen ist die Wirkung allerdings nicht.
Es kann einen Versuch wert sein, einen Monat lang täglich vier Tassen Salbeitee zu trinken oder Salbeiextrakte zu verwenden. Ein wissenschaftlicher Beleg für etwaige Effekte fehlt allerdings.
Wie kann der Arzt übermäßiges Schwitzen behandeln?
Welche Therapieoption der Arzt empfiehlt, hängt vor allem vom Schweregrad der Hyperhidrose ab. Bei leichter Hyperhidrose reichen vielleicht schon Antitranspirantien, bei sehr schweren Fällen wird möglicherweise ein Eingriff nötig. Bei der sekundären Hyperhidrose ist natürlich zuerst die Grunderkrankung zu behandeln.
Antitranspirantien, die schweißhemmende Aluminiumsalze (Aluminiumchlorid-Hexahydrat) enthalten.
Gleichstromtherapie (Leitungswasser-Iontophorese) bei übermäßigem Schwitzen an Händen und Füßen. Hierzu werden Hände oder Füße in ein Wasserbad getaucht oder mit feuchten Elektroden versehen. Vermutlich wird durch den schwachen Strom der Ionentransport in den Schweißdrüsen der behandelten Hautareale gestört.
Medikamente - sogenannte Anticholinergika hemmen die Signalübertragung zur Schweißdrüse. Häufige Nebenwirkungen sind Sehstörungen, Mundtrockenheit, Verstopfung und Harnverhaltung. Tritt das vermehrte Schwitzen vor allem in psychischen Belastungssituationen auf, können Beruhigungsmittel hilfreich sein. Mitunter werden Psychopharmaka empfohlen, die den Gehirnstoffwechsel beeinflussen.
Das Bakteriengift Botulinumtoxin blockiert die Schweißabsonderung, indem es die Ausschüttung des zuständigen Nervenbotenstoffs Acetylcholin verhindert.
Wenn alles andere nicht hilft, kommt auch eine operative Therapie infrage - etwa das Absaugen, Herausschneiden oder Herauskratzen der Schweißdrüsen aus den Achselhöhlen. Das ist allerdings eine radikale Therapievariante. Schwitzt der Betroffene vor allem an den Händen, kann der Sympathikusnerv in seinem Verlauf blockiert werden (Sympathikolyse, thorakale Sympthektomie). Der Schwitzimpuls gelangt nicht mehr vom Gehirn zu den Schweißdrüsen. Diese Eingriffe lassen sich jedoch nicht rückgängig machen und Komplikationen sind möglich. Deshalb sollten die OPs erst in Erwägung gezogen werden, wenn alle anderen Methoden versagt haben.
Wie lässt sich psychischen Problemen infolge des Schwitzens vorbeugen?
Wer an einer primären Hyperhidrose leidet, kann vor vielen Situationen Angst entwickeln, in denen das übermäßige Schwitzen plötzlich auftreten könnte. Viele Betroffenen versuchen, die Situationen zu vermeiden und ziehen sich zurück. Es droht Vereinsamung, außer den Ängsten kann schließlich auch eine Depression auftreten.
Entspannungstechniken können beruhigend auf das vegetative Nervensystem
Quelle : spiegel.de
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