Peter Tauber wirkte in diesem Moment wie der Mann, der die CDU in den Abgrund führte. Er hielt Merkel fest die Treue und wurde dafür immer härter attackiert: zu weich, zu liberal, zu freundlich. "Der schwarze Peter hat jetzt den schwarzen Peter", raunten sie damals in der Union. Seine Karriere hing nicht mehr am Faden, sie schien bereits im Graben. Denn die Aussichten auf die Wahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen waren ebenfalls miserabel.
Doch Tauber blieb nicht nur der Kanzlerin, sondern auch sich selber treu. Er wurde weder aggressiv noch hektisch noch plötzlich modisch rechts. Er feuerte weder Mitarbeiter noch Überzeugungen; sein Tonfall in Talkshows blieb mild und ausgleichend, sodass einige in der CSU schon witzelten, er sei der bis zum bittere Ende lächelnde Geiger auf der CDU-Titanic. Heute lästert in München keiner mehr.
Kaum ein größeres Comeback denkbar
Verblüfft reiben sie sich die Augen, dass ausgerechnet der "schwarze Peter" zum großen Erfolgsmanager aufgestiegen ist. Das Comeback des Generalsekretärs könnte größer kaum sein. Die spektakulär gedrehten und gewonnenen Landtagswahlen haben alle überrascht. Die Tauber-CDU hat das Saarland trotz Schulz-Hype gewonnen - in Schleswig-Holstein und sogar in der Herzkammer der SPD, Nordrhein-Westfalen, dicke Auswärtssiege eingefahren. Nun steht auch Niedersachsen vor einer Wende, sodass binnen weniger Monate die politische Landkarte der Republik auf Schwarz gedreht wird. Und in den Bundesumfragen ist die SPD regelrecht deklassiert.
Auf einmal fragen viele nach dem Tauber-Geheimrezept. Er bekommt aus aller Welt Besuche von Journalisten und Politprofis, die seine Wahlkämpfe analysieren und lernen wollen. Plötzlich ist der von Tauber propagierte und wiederbelebte Haustürwahlkampf ein Kult-Thema. Auch seine digitalisierte Kommunikation gilt auf einmal als richtungsweisend. Tauber gehörte zu den ersten Politikern, die systematisch twitterten und facebookten.
Doch das eigentliche Erfolgsgeheimnis ist stoischer Natur, es liegt in der Ruhe, heute nennen es manche "Coolness". Tauber hat - wie die Kanzlerin - Ruhe bewahrt, fleißig weitergearbeitet und den Laden zusammengehalten. "Mir gefällt an der CDU das U so gut", sagt Tauber gerne und verrät seine einende Strategie.
Start-up-Stimmung im Adenauer-Haus
Wie weiland der CDU-Professsor Kurt Biedenkopf sucht Tauber in einer Zeit tiefer Spaltungen in der Gesellschaft gezielt den sachlichen Dialog mit allen gesellschaftlich relevanten Gruppen. Er ist kameradig und kein bisschen generalig. Er vertraut auf Sachlichkeit und Evidenz. Er wusste: Wenn die Flüchtlingszahlen gesenkt werden, dann kommt auch das Vertrauen in die Kanzlerin zurück.
Der Comeback-Erfolg wird Taubers Arbeit bei der CDU nun mit einiger Nachhaltigkeit durchwirken. Er hat mit seiner Offenheit die Partei entkrampft, das Adenauer-Haus durchweht gar ein Hauch von Start-up-Stimmung und auf Parteitagen hat er das Präsidium vom Podium kurzerhand ins Plenum versetzt. Barrieren abbauen, Hierarchien überwinden, offener sein, die CDU vom Kanzlerwahlverein zur Bürgerpartei formen - das ist sein Werk. Mit ihm verschiebt sich das gefühlte Bild der CDU von einer Schlipsträger-Abteilungsleiter-Truppe zur entspannteren Neo-Bürgerlichkeit.
Sollte er die Serie seiner Wahlerfolge mit einem Sieg Merkels im September krönen, dann dürfte die Zeit der Polarisierer erst einmal vorbei sein in der Union. Mit den sanften Wahlsiegern Armin Laschet, Daniel Günther, Annegret Kramp-Karrenbauer, alsbald Bernd Althusmann und eben Peter Tauber setzt sich ein neuer, unprätentiöser, liberaler Typus eines CDU-Politikers durch. Die biedere CDU hat sich unter Tauber damit erstaunlich leise modernisiert.
Ihm zuliebe hat die Kanzlerin ihre Wahlkampftournee nun im hessischen Gelnhausen (seiner bilderbuchschönen Heimatstadt) eröffnet - bei strahlendem Wetter und in bestem Einvernehmen. Ein ungewöhnliches Zeichen ihrer Wertschätzung. Und wenn Angela Merkel im September klar gewinnen sollte, dann gewinnt auch Peter Tauber. Er dürfte dann Bundesminister werden und Merkel an anderer Stelle zur Seite stehen.
Dass er privat ausgerechnet ein Fan von Kickers Offenbach ist, wirkt heute wie ein Fingerzeig des Schicksals: Niederlagenserien machen Traditionsvereine manchmal besser, wenn sie nur den richtigen Trainer haben. Und - selbst die scheinbar miesesten Jobs haben das Zeug zur positiven Überraschung.
Quelle: n-tv.de
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