Merkels Suche nach Regierung lähmt Europa

  03 November 2017    Gelesen: 494
Merkels Suche nach Regierung lähmt Europa
Europa blickt mit Ungeduld auf Deutschland. Viele Probleme des Kontinents, der Diplomatie bleiben ungelöst, solange es in Deutschland keine neue Regierung gibt, schreibt die „Nesawissimaja Gaseta“ am Freitag.
Formell hat das jetzige Kabinett Merkels alle notwendigen Vollmachten, doch es werden keine richtungsweisenden innen- und außenpolitischen Beschlüsse getroffen. Es finden keine regelmäßigen Pressekonferenzen der Bundesregierung statt. Auf der Webseite der Bundeskanzlerin ist kein üblicher Terminplan für die Woche zu finden. Berlin ist beinahe lahmgelegt.

Allerdings verschwand Merkel nicht vom Horizont. Sie trat vor wenigen Wochen in Wittenberg bei den Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Reformation auf. Zudem drückte sie US-Präsident Donald Trump und dem amerikanischen Volk wegen des Terroranschlags in New York ihr Mitgefühl aus. Doch es ist klar, dass nach der Bundestagswahl am 24. September die Bildung der Koalitionsregierung mit den Grünen und der FDP momentan ihre Hauptaufgabe ist.

Die Delegationen der anvisierten Jamaika-Koalition setzten am Donnerstag ihre Konsultationen fort. Sie konzentrierten sich auf die Abstimmung von Fragen in Außenpolitik, Verteidigung und Sicherheit. Das ist schwere Arbeit angesichts der Zweifel der CDU und der Liberalen an den EU-Reformen, die von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron formuliert werden – oder angesichts der unterschiedlichen Positionen zur Russland-Politik. Der stellvertretende FDP-Chef Wolfgang Kubicki sprach in einem „Spiegel“-Interview von der „Sinnlosigkeit der Sanktionen”.

In Bezug auf die Verteidigungspolitik verteidigt die CDU den Kurs, der von den Nato-Beschlüssen über den Ausbau der Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des BIP vorausbestimmt wurde. Dabei ist eine dringende Ausrüstung der Bundeswehr mit kampffähigen Drohnen in ausländischen Missionen vorgesehen. Die Grünen machen sich stark für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Allerdings sind CDU/CSU und FDP gegen diese unter den Deutschen populäre Idee.

Die Liberalen legen eigene Ideen vor. Es handelt sich dabei unter anderem um den Vorschlag, die Diplomatie, die Hilfe für Entwicklungsländer und die Verteidigung als einen einheitlichen Komplex wahrzunehmen, für den künftig drei Prozent des BIP bereitgestellt werden sollten. Doch als gemeinsames Prinzip für alle potentiellen Partner der Koalition gilt ein unbedingtes Bekenntnis zur Nato.

Die Sondierungsgespräche dauern bereits seit mehr als zwei Wochen an. Gleichzeitig läuft auch das Feilschen um die Posten im Kabinett. Laut Medienangaben will Grünen-Chef Cem Özdemir das Außenministerium übernehmen. Allerdings wird dieser Posten auch von der Co-Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, beansprucht. Als möglicher Kandidat wurde auch der ehemalige Minister unter Gerhard Schröder, Jürgen Trittin, genannt. Zudem hat sich FDP-Chef Christian Lindner bei dieser Personalie noch nicht festgelegt.
Am Donnerstag fand die fünfte Runde der Sondierungsgespräche statt. Dennoch hat man keine 100-prozentige Sicherheit, ob die Jamaika-Koalition überhaupt zustande kommt. Doch es gibt kein anderes Projekt. Wie der Chef des Bundeskanzleramtes, Peter Altmaier, in Bezug auf die Neuauflage der Großen Koalition sagte, ist „der Zug abgefahren“. Zudem forderte er Eile bei den Jamaika-Verhandlungen. Es wäre eine Kapitulation, wenn Union, FDP und Grüne den Regierungsauftrag, den sie erhalten haben, in die Hände des Wählers zurückgeben würden, so Altmaier.

Quelle: sputniknews

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