Den Leitantrag stellte Schulz am Vormittag im SPD-Präsidium vor, dessen Mitglieder den Entwurf seit Sonntagnachmittag kennen. In dem Papier übernimmt der Parteichef auch Verantwortung für den Absturz der SPD auf rund 20 Prozent bei der Bundestagswahl. "Der Kanzlerkandidat und die gesamte SPD haben diese Wahl verloren", heißt es darin. Zugleich verweist er auf eigene Erfolge, wie etwa "die Begeisterung für die SPD, die wir im Februar und März nach der Kanzlerkandidatennominierung erlebt haben". Schulz war damals von der SPD-Spitze als Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel aufgestellt worden. Zeitweise übersprang die SPD danach in Umfragen die 30-Prozent-Marke.
"Neustart der sozialdemokratischen Bewegung"
Die engere Parteiführung der SPD unterstützt nach den Worten von Fraktionschefin Andrea Nahles den Entwurf. "Vor allem organisationspolitisch wagt er etwas", sagte Nahles. Im dem Entwurf des Leitantrages für den Parteitag im Dezember greife Schulz den Wunsch der Parteibasis nach mehr Mitsprache auf. Beim Parteitag werde Schulz erneut als Parteichef kandidieren. Er habe dafür den Rückhalt in der SPD, sagte Nahles. "Er hat auf jeden Fall die Zügel in der Hand."
Bei der Programmdebatte will Schulz "Möglichkeiten zur Online-Beteiligung schaffen". Alle Bürger seien eingeladen, "sich an dem Neustart der sozialdemokratischen Bewegung zu beteiligen". Der Parteivorstand solle eine umfassende Mitgliederbefragung zur organisatorischen Erneuerung vornehmen. "Darüber hinaus werden wir die Beteiligung der Mitglieder bei Personalentscheidungen auf Bundesebene ermöglichen." Die Bundespartei werde zudem finanzielle und personelle Ressourcen bereitstellen, um regionale Schwächen der SPD anzugehen.
Unterschiede zu Scholz deutlich
In dem Papier werden auch Unterschiede deutlich zum SPD-Vizechef und Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, der vor zehn Tagen für einen pragmatischen Kurs geworben hatte, um Wachstum, Fortschritt und soziale Gerechtigkeit zu verbinden. In einem "Spiegel"-Interview schlug er nun konkret eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro "in einem überschaubaren Zeitraum" vor. Darin sagte er auch, "die Klage über Organisationsmängel gehört für mich zu den Ausflüchten, die uns nicht weiterbringen". Er verwies auch darauf, dass die erfolgreiche Kanzlerkandidatur von Gerhard Schröder 1998 später ausgerufen worden sei als in diesem Jahr. Dennoch habe die SPD damals eines ihrer besten Ergebnisse erzielt.
In dem Leitantrag heißt es dagegen, "die späte Kandidaten-Kür" sei vor allem "aufgrund der mangelnden, strategischen, thematischen und organisatorischen Vorbereitung zur Achillesferse der gesamten Wahlkampfkampagne" geworden.
Mit dem Leitantrag will Schulz auch seine Stellung in der Partei festigen, die ihn Anfang Dezember erneut zum Vorsitzenden wählen soll. Parteilinke wie auch Fraktionschefin Andrea Nahles haben sich bereits öffentlich für Schulz ausgesprochen. Von Scholz fehlt eine solche Aussage bisher. Er gab im "Spiegel" zu Protokoll, bei der strategischen Aufstellung der SPD gehe es "erst mal um Inhalte, nicht um Personen".
Quelle: n-tv.de
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