Auf der Jagd nach der wichtigsten Trophäe

  19 Dezember 2017    Gelesen: 506
Auf der Jagd nach der wichtigsten Trophäe
Die Sozialdemokraten hadern mit einer weiteren GroKo. Auch deshalb will Parteichef Martin Schulz für die SPD offenbar das Finanzministerium erobern.
Kommt es zur GroKo oder nicht? Ab Januar wollen Union und SPD sondieren. Um Inhalte soll dabei es gehen, aber natürlich machen sich beide Seiten hinter den Kulissen längst darüber Gedanken, welche Partei welches Ministerium erhält.

Eine der spannendsten und potenziell konfliktträchtigsten Fragen ist, wer im Fall des Falles das Finanzministerium besetzen darf.

SPD-Chef Martin Schulz würde diesen Ministerposten offenbar gerne ins Lager der Sozialdemokraten ziehen, sofern denn die Gespräche in eine Koalition münden. In einer Runde von SPD-Bundestagsabgeordneten aus dem Ruhrgebiet soll sich Schulz vergangene Woche über das Ressort geäußert haben. Wie konkret, darüber gehen die Deutungen auseinander. Das "Handelsblatt" zitiert ihn mit den Worten: "Das Bundesfinanzministerium ist das Ziel." Andere Teilnehmer der Runde verstanden Schulz' Sätze eher als grundsätzliche Einlassung über die Bedeutung des Ministeriums.

Dass das Ressort in dem Gespräch Thema war, ist unbestritten. Die Diskussion sei aufgekommen, als einer der Anwesenden Berichte erwähnte, wonach Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel Interesse hätte, in einer neuen Großen Koalition Finanzminister zu werden. Der SPIEGEL hatte darüber berichtet, dass Gabriel kürzlich gegenüber hochrangigen Sozialdemokraten sein Interesse hinterlegt hatte. Der geschäftsführende Außenminister hatte das als "Fake News" bezeichnet.

Im Willy-Brandt-Haus verweist man darauf, dass die Ressortverteilung jetzt nicht auf der Tagesordnung stehe. In der SPD-Parteizentrale herrscht die Sorge, dass jede Spekulation über Ministerien und Posten vor den inhaltlichen Gesprächen mit CDU und CSU für die riskante Operation Große Koalition schädlich sein könnte. Die Sozialdemokraten quälen sich mit der Frage, ob sie noch einmal mit der Kanzlerin koalieren sollen. Für viele Genossen ist die Vorstellung angesichts der Abstrafung bei der jüngsten Bundestagswahl eine Zumutung.

Dass die SPD in den Verhandlungen versuchen dürfte, das Finanzministerium zu erobern, gilt indes als sicher. Das wichtige Ressort könnte eine entscheidende Trophäe sein, um der Basis eine schwarz-rote Koalition schmackhaft zu machen. Vor vier Jahren hatten die Sozialdemokraten auf das Finanzministerium verzichtet. Das wird inzwischen als Fehler gesehen. Gerade aufgrund der Zuständigkeiten in der Europapolitik gilt es in weiten Teilen der SPD als zwingend erforderlich, künftig den Finanzminister zu stellen.

Der bisherige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) war nach der Bundestagswahl zum Bundestagspräsidenten gewählt worden. Seit 2009 hat die CDU dieses Schlüsselressort inne, derzeit wird es interimsweise von Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) geführt.

In der großen Koalition von 2005 bis 2009 hatte die SPD sowohl das Auswärtige Amt (Frank-Walter Steinmeier) als auch das Finanzressort (Peer Steinbrück). Im Zuge der Banken- und Finanzkrise wurde Steinbrück einer der wichtigsten Minister.

Dem "Handelsblatt"-Bericht zufolge kritisierte Schulz "Heckenschützen in der Partei" und "Durchstechereien" aus vertraulichen Sitzungen. Er hatte zuletzt in Vorstand und Bundestagsfraktion mit Nachdruck um ein defensiveres Kommunikationsverhalten gebeten - aus der SPD gab es in den letzten Tagen und Wochen viele Wortmeldungen mit Vorschlägen zu roten Linien in den Gesprächen über eine Regierungsbildung und zu Modellen jenseits einer festen großen Koalition mit CDU/CSU.

spiegel.de

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